Full text: Über seine zweite Schingú-Expedition

  
  
  
  
384 Dr. C. von den Steinen. 
verloren gegangen. Es hat ferner ein großer Teil der von Herrn 
Ehrenreich gemachten Photographieen Schaden gelitten, sodaß die 
fleckigen Bilder nur für Zeichnungen verwertbar bleiben; die unter- 
wegs entwickelten Platten sind glücklicher Weise gut angekommen. 
Daß es unmöglich war, den östlichsten Quellflufs, den Kuluéne, 
dessen unterstes Stück nur wir passiert haben, zu befahren und die 
grofsen an ihm gelegenen Nahuquädörfer zu besuchen, ist schmerzlich, 
aber es ist meine feste Überzeugung, wenn wir diesen Versuch, den 
wir schweren Herzens aufgaben, in der Regenzeit forciert hätten, unsere 
Leute wären an Fieber und Erschöpfung vollständig zu Grunde ge- 
gangen, und unser Unternehmen wäre zum Schlusse unrettbar ge- 
scheitert. 
Ich glaube, die geographische Kenntnis der Provinz Matto Grosso 
ist durch unsere neuen Routenaufnahmen und die Flufsfahrt gefördert, 
besonders ist auch das Quellgebiet des Paranatinga kartographisch 
richtig gestellt worden; dazu kommt die Tour nach dem St. Lourenço 
und über denselben hinaus in der Richtung von St. Anna de Para- 
nahyba, kommen aufser den Ortsbestimmungen viele magnetische und 
meteorologische Beobachtungen. 
Von der indianischen Bevölkerung bringen wir mit: eine Menge 
allgemeiner Notizen, eine hoffentlich gedeihlich zu verarbeitende An- 
zahl von Körpermessungen, Photographieen, die Skizzenbücher meines 
Vetters mit hauptsächlich ethnologischen Zeichnungen, etwa ein Dutzend 
neuer Vokabularien, von den Bakairi genügendes Material für eine aus- 
führliche Grammatik und in den Originaltexten ihrer Ahnensagen für 
ein fortschreitendes Verständnis der Sprache und der Psychologie dieser 
jetzt unzweifelhaften Urkariben eine herrliche Fundgrube, wie wir so 
ursprünglich von keinem Naturvolke Südamerikas besitzen, Wir bringen 
endlich eine ethnologische Sammlung, die alles enthält, was wir mit- 
nehmen konnten. Grade in der Einfachheit, in der Rohheit ihrer 
Objekte wird sie eine Fülle der Anregung für denjenigen darbieten, 
der sich Rechenschaft zu geben bemüht ist, aus welchen Anfängen sich 
die Werke einer feineren Kultur hervorgebildet haben. 
Die neun verschiedenen Stämme, die wir dieses Mal getroffen haben, 
reden alle ‘verschiedene Sprachen. Doch lassen sich die letzteren, 
wenn ich von den mir noch sehr unklaren Trumaí absehe, auf drei 
| Haupttypen zurückführen. Weit entfernt, mich hier in linguistische Einzel- 
heiten verlieren zu wollen, muß ich doch erwähnen, daß die Nahuquä 
wie die Bakairi Kariben sind; daß die Mehinakú, Vaurá, Kustenaú, 
Yaualapiti zu der von mir aufgestellten Nu-Aruakgruppe gehören und 
daß die Auetö unreine, die Kamayurä aber völlig reine Tupí sind. Meine 
Hypothese, dafs die Kariben von diesen zentralen Gebieten des Con- 
tinents sich nach Norden verbreitet haben, scheint mir durch die neuen 
Erfahrungen sicher gestellt; die Hauptbevölkerung des oberen Schingü 
  
A TEL | 
 
	        
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