— 290 —
aus der Verwandtschaft des Todten zufällt, bereiten die Frauen meistens das Grab. Zu
dem Begräbnis versammeln sich in der Regel viele Leute.
Die Thränen fließen bei dieser Gelegenheit reichlich, das Klagegeschrei will gar
kein Ende nehmen. Die Ceremonien bei den Begräbnissen sind vielfach verschieden. Das
Herausbringen des Sarges aus dem Hause nimmt meist lange Zeit in Anspruch, es wird
dabei herumgeredet, bald wird der Sarg so, bald so gestellt; der eine der Betheiligten
sagt hier, der andere da etwas, dass man glaubt, sie wüssten nicht recht, was zu thun
sei. Doch endlich, nach langem, langem Harren scheint Klarheit in die Sache zu kommen,
und der Sarg wird herausgebracht. Man stellt ihn in das Grab hinein. Bevor man den
Deckel aufsetzt, nimmt man dem Todten die ‚schönen Schmucksachen, mit denen man
ihn geziert, ab und lässt ihm nur noch wenige Ringe oder Perlenschnüre. Einigen Todten
gibt man Pfeile mit ins Grab, andere bekommen ein Ruder mit, anderen legt man Gebeine
von verstorbenen Angehörigen bei. Einen sonderbaren Vorgang beobachtete ich vor
Jahresfrist, als ein älterer Mann aus dem Dorfe Sapi begraben wurde. Die Leiehe war
ganz roth mit Lehm bemalt. Es dauerte eine endlose Zeit, bis der Sarg einmal aus dem
niedrigen Sterbehäuschen herausgebracht wurde. Immer dachten wir, nun geht die Ge-
schichte los, aber da gab es, wer weiß, was zu thun, und eine halbe Stunde schier musste
ich mit meinem Confrater warten, ehe man die sterblichen Überreste des alten Tjapam
herausbrachte. Doch jetzt hieß es, die Augen aufmachen. Teiwar, die steinalte, treue
Haushälterin des Verstorbenen, hatte ein Stück Sagobrei zur Hand genommen und rieb
damit den Todten ab. Während wir noch über den Sinn dieser Ceremonie nachdachten,
sahen wir zu unserem Entsetzen, dass die Alte den Sago ganz munter verzehrte. Dann
nahm sie einige Fische, bestrich auch damit den Todten und ließ auch diese zwischen
ihren Zähnen verschwinden. Dann legte man den Sarg ins Grab, that den Deckel darauf,
und nun stellten sich zwei Männer mit Bogen und Pfeilen bewaffnet an der linken Seite
des Todten auf, einer am Kopf, der andere am Fußende. Beide legten einen Pfeil auf die
Sehne und schossen diese in der Mitte neben dem Sarge kreuzweise übereinander, dann
zog man die Pfeile wieder heraus. Letztere Ceremonie wurde auch noch neulich bei dem
Begräbnisse eines Mannes aus Anopäs vorgenommen.
Das Zuwerfen des Grabes besorgt stets eine große Zahl von Leidtragenden, und
zwar mit den Händen; auch bei diesem Anlasse wird viel geklagt und geweint, die
Thränen, die den Augen entströmen, graben ganze Furchen in die mit Lehm bestrichenen
Gesichter. Doch darf man aus dieser Thränenmenge nicht auf die Größe der Trauer
schließen. Von Krokodils-Thränen wissen unsere Tumleo zwar noch nichts, aber sehr
tief sitzt das Thränenwasser bei ihnen auch nicht. Wenn offieiell bei ihnen geweint werden
muss, dann fließen die Wasser in kleinen Bächlein; ist die Ruhepause oder das Ende des
Klageliedes gekommen, dann versiegt wie mit einem Zauberschlage die Quelle.
Die Gräber sind hier auf Tumleo recht einfach gehalten, man baut ein kleines
niedriges Häuschen darüber, und bemüht sich, stets den Ort rein zu halten. An bestimmten
Tagen im Jahre wird eine ziemlich allgemeine Reinigung der Begräbnisstätten vorgenommen,
dies geschieht etwa um den Frühlingsanfang. Die Leute glauben, dass dieser Liebes-
dienst, den sie den Verstorbenen erweisen, Glück auf der See und im Handel, die Ver-
nachlässigung der Begräbnisstätten dagegen großes Unglück bringen werde. An dem
frischen Grabe wird eine Zeitlang ein Feuer unterhalten. Im Sterbehause selbst muss eine
weibliche Anverwandte des Verstorbenen, seine Frau, Schwester, Schwägerin, Nichte oder
Tante noch längere Zeit Todtenwache halten. Diese Todtenwache dauert einige, Wochen
bis zwei, drei Monate; sie schließt mit einem kleinen Feste, an dem Verwandte und Nach-
barn des Verstorbenen theilnehmen. Nach dieser Zeit wird auch das Feuer am Grabe
|
|
j