täuſchung geweſen wäre: heute dagegen, heute hätten ſie
bloß eine Regierung ohne Fahne, eine Regierung, die aus
einer Revolte hervorgegangen ſei und von keiner euro—
päiſchen Macht geſtützt würde. Er warnte ſie davor, noch
länger Widerſtand zu leiſten, und erklärte, wenn ſie nicht
nachgäben, würde das ganze vergoſſene Blut über ſie
kommen.
„So! Sol Ei, freilich! Warum nicht gar!“ rief Don
Epifanio aus.
Die von der Welt abgeſchnittene Stadt träumte von dem
Befreier Moriones, und man überlegte ſich ſchon, in welchem
Hauſe man ihn unterbringen ſollte. Die wenigen Zeitungen,
die noch in die Stadt gelangten, enthielten kaum ein Wort
über Bilbao, während ſie ſich doch jetzt ausſchließlich mit der
Stadt und ihren Nöten und Sorgen hätten beſchäftigen
müſſen. O dieſe Armſeligkeiten der Politik! Die Garniſon
murrte, weil die Soldaten ihren Sold nicht erhielten, den
man ihnen ſchuldete: die Stadt zeichnete 24000 Duros,
um ſie zu befriedigen. Man zwang auch die Trägen und
die Drückeberger, die Waffe zu nehmen. Es erging der Be—
fehl, die Haustüren ſchon um zehn Uhr abends zu ſchließen.
Drinnen aber glühten und ſiedeten die politiſchen Leiden—
ſchaften. Don Juan verlangte, man müſſe eine Miliz bil—
den, die grundfätzlich ſtaatserhaltend wäre, eine Miliz, die
aus denen rekrutiert werden ſollte, „die, wie wir, noch etwas
zu verlieren haben“, während das Lumpengeſindel draußen—
bleiben müßte. Mehr als je ſehnte er in den kritiſchen Mo—
menten eine große Reinigung herbei und war von einer
lächerlichen Furcht vor allen Schwärmern und den über—
ſpannten Leuten beſeſſen.
Er wünſchte nicht, daß Bilbao als das eigentliche Boll⸗
werk ſener rebelliſchen Freiheit erſchiene, deren Wahlſpruch
die drei Worte: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ bil—
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