Full text: Studie über den Typus des "Mädchens ohne Hände" innerhalb des Konstanze-Zyklus

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Wenn Puymaigre diese beiden Versionen überhaupt kennt, so 
läßt er sie in seiner Abhandlung auf jeden Fall unberücksichtigt. 
Dann kommt er auf den Ursprung der Geschichte von den 
abgehauenen Händen zu sprechen, die nach seiner Anschauung 
auf eine Legende zurückgeht. Er verweist auf das »miracle de 
St. Jehan Crisothomes«, das er verloren glaubt, obwohl es be- 
reits 1876 veröffentlicht worden war [ef. Soc-Mi Ind. No. 81], 
und berichtet dann von einer Wundergeschichte, die von Papst 
Leo I. erzählt wurde (auf beides werde ich im Schlußkapitel 
genauer eingehen). Sein Endresultat drückt er in folgenden 
Worten aus (l. ec. p. 276/7): »Je ne serais pas tr&s eloign& de 
faire remonter A cette main coup6de par chastete et rendue par 
l’intervention de S!® Marie [des Papstes Leo], la main coup6e 
aussi par chastet6 et de möme restitu6e par la Vierge de la 
duchesse d’Aquitaine [in Vi, ef. pp. 42—44] et de tant d’autres 
heroines dont j’ai parle. Pour qui sait Ja maniere dont les 
lögendes se forment et se transposent, cette opinion n’aura peut- 
ötre rien d’inadmissible«. 
An letzter Stelle sei hier noch genannt eine gründliche 
Untersuchung über die Konstanzesage mit besonderer Berück- 
sichtigung ihrer Beziehung zur Geschichte, die im Jahre 1902 
in der Palaestra [ef. Pal. Ind. No. 55] erschien und von A. B. 
Gough verfaßt ist. Im ersten Teil versucht der Autor die Ab- 
hängigkeitsverhältnisse der literarischen Versionen klarzulegen; 
aber obwohl diese Vergleichung mit außerordentlicher Genauig- 
keit vollzogen wurde, scheint sie mir von geringem Werte zu 
sein, vielleicht gerade deshalb, weil sie viel zu detailliert ist 
und darüber die großen Gesichtspunkte übersieht. Der Verfasser 
bekennt selbst [l. ec. p. 14]: "The results of this enquiry must 
be regarded as approximate rather than definitive’! Meine An- 
sicht ist sogar, daß seine Resultate teilweise unannehmbar sind; 
denn, um ein schlagendes Beispiel herauszugreifen, es wird 
kaum angehen eine so alte Version wie „Mai und Beaflor“, 
deren Abfassungszeit Gough zwischen 1257 und 1259 setzt, auf 
nicht weniger als sechs hypothetischen vorausgehenden Versionen 
basieren zu lassen. — Was den zweiten Teil der Abhandlung 
anlangt, wo Gough die Beziehung der Sage zur Geschichte er- 
örtert, so gesteht er selbst im letzten Absatz (l. e. p. 83): “Little 
has been done in the foregoing pages but to follow up some 
of the clues given by Suchier. The results of the enquiry are 
and perhaps must be inconclusive’. Seine Beweisführung gründet
	        
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