406 Briefliche Mitteilungen.
pflanzlichen und tierischen Lebens; dafs aber nur der Mangel an
Feuchtigkeit und nicht etwa die Bodenbeschaffenheit diesen Wüsten-
charakter bedingt, kann man an den kleinen, die Bahnstationen um-
gebenden Oasen sehen, welche man mit Hülfe der die Bahn begleiten-
den Wasserleitung neuerdings ins Leben gerufen hat, Die Natur hat
pflanzliches Leben innerhalb dieser Region nur in den tief einge-
schnittenen Thälern gegeben, an deren Grunde die vom Gebirge her-
abkommenden Flüsse das nötige Wasser spenden. Der Reisende ist
auf das Angenehmste überrascht, wenn er nach langem Ritte durch
die wüste Ebene an den Rand des Thales herantritt und ihm vom
Thalboden frisches Grün entgegenleuchtet; neben dichtem Gebüsch
von wildem Rohr u. dergl. sieht man Anpflanzungen der verschie-
densten Fruchtbäume sowohl wie von Mais, Luzerne (Alfalfa) u. s. w.
und namentlich von knorrigen verholzten Weinstöcken, deren Trauben
bei sorgfältiger Pflege einen ganz erträglichen Wein liefern. Diese
Anpflanzungen finden beim Eintritt in die Cerros ein Ende, weil die
Thäler hier zu eng und felsig sind, um den genügenden Raum zu
bieten. Die Cerros selbst entbehren zwar des Pflanzenwuchses nicht
so gänzlich wie die Pampas, aber die Vegetation beschränkt sich auf
Cacteen und dornige Sträucher; die Niederschläge sind nicht aus-
reichend, einen Graswuchs hervorzurufen wie die Winternebel in den
Lomas. Auch in der Ebene von Arequipa finden wir in den höheren
Teilen die gleiche spärliche Vegetation; im nordwestlichen Teile sind
auch die ziemlich tief eingeschnittenen, vom Chachani sich herab-
senkenden Schluchten ebenso dürr, in der näheren Umgegend von
Arequipa dagegen finden wir breitere, wasserführende Thaler, in
denen man durch künstliche Verteilung des besonders vom Pichu-
Pichu herabkommenden Wassers schöne Anpflanzungen und Weide-
flächen geschaffen hat.
Unter diesen Bedingungen versteht es sich von selbst, dafs die
menschlichen Ansiedelungen spärlich und ungleichmäßig verteilt sind.
Unmittelbar an der Küste finden wir einzelne Fischerdörfer und den
Hafen von Mollendo, welcher seit dem Baue der Eisenbahn trotz
seiner ungünstigen Beschaffenheit den Hafen von Islay ganz verdrängt
hat. In den Lomas schlagen die Hirten während des Winters ihre
Hütten auf, in der Pampa sind die Bahnstationen die einzigen mensch-
lichen Wohnstätten und auch in den Cerros sind solche nur ganz ver-
einzelt vorhanden. Im Thale des Rio Tambo finden wir nahe der
Mündung das Dorf Tambo oder Cocachacra, im Thale des Rio Chili
stellt das Dorf Vitor eine langgestreckte Kette von Ansiedelungen dar.
Aber eine größere Anzahl von Ackerbau und Viehzucht treibenden
Dörfern finden wir erst in der Ebene von Arequipa. Hier liegt auch,
an beiden Ufern des Rio Chili, die Stadt Arequipa, welche von den
Spaniern schon bald nach der Eroberung des Landes gegründet
wurde und noch heute den Handelsmittelpunkt des ganzen südlichen
Perus bildet; es scheint, dals die Lage in einer Oase zwischen den
öden Ebenen und Hügeln der Küste auf der einen, den ebenso öden
Punas oder Hochsteppen auf der anderen Seite die Ursache für die
Entstehung und Blüte der Stadt gewesen ist.“
Herr Dr. Ehrenreich schreibt in einem der Gesellschaft gütigst
zur Verfügung gestellten Privatbrief an Herrn Dr. von den Steinen aus
S. Leopoldina am Araguay unter dem 18. August 1888 über seine