Full text: Über seine zweite Schingú-Expedition

  
19 Dr, C. von den Steinen: 
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dafs unser Erfolg auf dem Spiele stand, wenn die Expedition nicht in 
drei Wochen organisiert war. In so knapper Frist konnten aber geeig- 
nete Leute, die sich nattirlich nicht in der Stadt aufhalten, nicht zu- 
sammengebracht werden. Wir beschránkten uns deshalb auf die aller- 
notwendigste Aushiilfe und erbaten uns vier Mann und einen Offizier, 
den letzteren in Gestalt einer bestimmten uns bekannten Persónlich- 
keit deutscher Abstammung, des Lieutenant Luis Perrot, der als junger 
Mann von Frankfurt am Main nach Brasilien verschlagen war. Er hat 
sich als ein ausgezeichneter Genosse bewährt. Außerdem mieteten wir 
vier Leute auf eigene Kosten, unter ihnen zwei deutsche Kolonisten- 
sóhne aus Rio Grande do Sul, sodafs merkwiirdiger Weise sieben 
deutsch redende Individuen vorhanden waren und unterwegs von uns 
fast ausschließlich in den heimatlichen Lauten gesprochen wurde. 
Ende Juli waren wir zum Abmarsch fertig. 
Da es nun, hochv. V., heute doch wohl meine Pflicht ist, einen 
Gesamtüberblick über den Verlauf unserer Reise zu geben, gestatten 
Sie mir, damit ich Sie nicht zum Schlusse mit einem schleppenden An- 
hang ermüden muß, mit wenigen kurzen Strichen unsere Chronik bis 
zum Ende zu skizzieren. 
Am 28. Juli zogen wir aus, am 31. Dezember kehrten wir 
nach Cuyabä zurück. 
Dringend der Erholung bedürftig, benutzten wir den Januar und 
Februar, um unsere heimgebrachten Aufzeichnungen und Schätze zu 
ordnen und unser Schmerzenskind, die ethnologische Sammlung, 
in reisefähigen Zustand zu versetzen. Dann aber zogen wir aus dem 
günstigen Umstand, dafs inzwischen ein sehr einsichtsvoller Beamter, 
der Oberst Mello Rego, die Oberleitung der Provinz übernommen 
hatte, für unsere Zwecke den erfreulichen Vorteil, dafs eine Anzahl 
Pareci-Indianer, die wir unmöglich an ihrem Wohnsitze, den Para- 
guayquellen besuchen konnten, deren Studium aber die Ausführung 
einer sehr schmerzlich fühlbaren Lücke bedeutete, durch den Präsiden- 
ten nach Cuyabä requiriert wurden. 
Im März und April machten wir eine kleine, aber geographisch 
und anthropologisch ergebnisreiche Expedition zu den Bororó, von 
den Brasilianern „Coroados“ genannt, die am S. Lourenco seit einem 
Jahre in einer Militärkolonie angesiedelt waren. 
Herr Dr. Vogel verließ unser Standquartier bei den Bororó zu 
einer für die Provinz wichtigen Recognoscierungstour südwärts behufs 
Aufsuchung einer Straße in der Richtung von St. Anna de Para- 
nahyba und hat, Dank seiner Energie, in wenigen Wochen, ohne 
alle Kosten ein Ziel erreicht, an dem ein Jahrzehnt vorher ein großer 
brasilianischer Expeditionsapparat gescheitert war. 
  
 
	        
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