Full text: Über seine zweite Schingú-Expedition

  
Über seine zweite Schingú-Expedition, 3717 
Das Innere einer besseren Hiitte, die sich wie ein riesiger Bienen- 
korb ausnimmt, macht einen úberaus behaglichen Eindruck. Mehrere 
Familien wohnen zusammen, die Kuppel ist rauchgeschwärzt, einiges 
Licht fällt oben über dem austretenden Sparrenwerk durch die Rauch- 
öffnung und unten ein breiter Streifen Sonnenschein durch zwei sich 
gegenüberliegende Thüren ein. 
Radienförmig ringsum sind an Pfosten die Hängematten aufge- 
spannt; von Thür zu Thür bleibt ein Gang frei für die beiden Haupt- 
feuerplätze, neben denen die Weiber arbeiten. Das Feuer läfst man 
nicht ausgehen, sodaß die Notwendigkeit, es durch Quirlen eines Stocks 
in einem andern zu entzünden nur selten eintritt. Jeder bewahrt bei 
seiner Hängematte seinen Besitz an Handwerkzeug, in Mappen seinen 
Federschmuck; Körbe sind gefüllt mit Muscheln, Zähnen, Knochen, 
Farbe, Baumwollknäueln, vielerlei in Paketchen aus grünen Blättern ge- 
borgen; Flöten, Pfeile, Bogen, Netze stecken an der Wand, Töpfchen, 
Kalabassen stehen am Boden, und ein Häuflein Asche oder Kohlen 
neben jeder Hängematte bedeutet die Reste des Privatfeuerchens, 
welches in der Nacht zum Wärmen unterhalten wird, In der Mitte sind 
auf Gerüsten die Proviantkörbe aufgestapelt; von oben herab hängen 
zahlreich braune Maiskolben oder sonderbare große Vögel und Figuren, 
welche aus Maiskolben zusammengesetzt sind, am auffallendsten mit aus- 
gebreitetem Fittich der Sumpfstorch in Lebensgröfse. 
Auch Bienenwachs, das sie vielfach gebrauchen, ist in Form kleiner 
Vögel, Eidechsen u. s. w., die schwarz und rot bemalt sind, aufgehängt. 
Es kann nichts gemütlicheres geben, als ein Nachmittag in solcher 
Hütte. Nur an das fast unausstehliche ewige Gepiepse und Gekrächze 
der vielen Papageyen und Periquitos in allen Lebensaltern muß man 
sich zu gewöhnen suchen. 
Die Männer flechten Körbe, schnitzen Kämme, drehen Palmfasern 
zu langen Fäden, glätten Pfeile oder Bogen, stets sich bei ihren Arbeiten 
der Füße mitbedienend, oder schaukeln sich auch träge in der Hänge- 
matte, womöglich immer trinkend, essend, schmatzend. Einige Frauen 
spinnen Garn, weben eine Hängematte an einem Webstuhl, der nichts 
ist als zwei in den Boden gesteckte Pfosten; andere beschäftigen sich mit 
der Küche. Die Fische, welche des Morgens entweder unter Beihilfe 
der jungen Mädchen in einer seichten Lagune durch Umstülpen von 
Körben gefangen oder von den Männern an den Stromschnellen durch 
Pfeilschufs erlegt sind, werden auf Dreifüfsen, die aus Zweigen zu- 
sammengesetzt sind und einen quergestellten Rost ebenfalls aus aneinander- 
geflochtenen Zweigen haben, bis sie außen fast verkohlt sind, ge- 
braten, oder auch die kleinen Exemplare zu einem grätenreichen Ragout 
verkocht, das auf einem Stück Matze als efsbarer Unterlage serviert wird. 
Jeder, ifst allein fir. sich bei seiner Hängematte. Ehe ich das 
wußte, habe ich eines Tages einen schweren Verstofs gegen die gute 
 
	        
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