Full text: Über seine zweite Schingú-Expedition

  
  
Vorgänge auf geographischem Gebiet. 409 
nicht imstande gewesen sein, jene geradezu erstaunlichen Differenzen, 
welche sich aus diesen Beobachtungen in Bezug auf die jährliche 
Periode der Regenverteilung ergeben haben, vorauszusagen. Höchst 
wahrscheinlich infolge des Einflusses der hohen Gebirgskette der so- 
genannten Finisterre-Berge erleidet die Regenverteilung in der Ost- und 
Westhälfte der Küsten des Kaiser Wilhelm-Landes eine völlige Um- 
kehrung. Wenn zur Zeit unseres Sommers in diesen Gebieten der Süd- 
ost-Passat weht, liegen die Nordabhänge jenes Gebirges und damit das 
ganze Küstengebiet westwärts von dem sogenannten Fortifikations-Kap 
im Regen- und. damit zugleich Windschatten dieses Passates und 
weisen eine relative Trockenzeit auf, während die von dem Passat 
direkt getroffenen östlicheren Küstenstrecken, namentlich die Gebiete 
um Finschhafen und den Huongolf regenüberflutete Luvküsten dar- 
stellen. Umgekehrt verhält es sich zur Zeit des Nordwestmonsuns 
während der Monate Dezember bis April, dann vertauschen sich die 
Rollen: in den westlichen Gebieten tritt die große Regenperiode ein 
und in den östlichen, nun im Lee des herrschenden Windes liegenden 
Regionen macht sich eine verhältnismäßige Trockenzeit bemerklich. So 
kann es kommen, dafs auf kaum ıookm von einander entfernten 
Punkten die schärfsten Witterungsgegensätze auftreten, die für den 
Plantagenbetrieb von gleicher Bedeutung sind, als wenn in Norddeutsch- 
land Sommer und in Süddeutschland zur selben Jahreszeit Winter 
herrschen würde. 
Es fielen in Prozentteilen der ganzen Regenmenge des Jahres, wie 
die „Nachrichten aus Kaiser Wilhelm-Land“ 1888 S. 161 mitteilen: 
in Finsch- in Konstan- in Hatzfeldt- 
hafen tinhafen hafen 
in den Monaten Dzbr. bis April 1886/87 17% 58% 62% 
» ” a à 0 tee oe 18% we 68% 
de re Juni bis Sept. 1886 58% 11% 
Pigg) ignite? 1887 62% 18% 17% 
ES leuchtet von selbst ein, daß eine Kenntnis dieser höchst eigen- 
tümlichen Regenverteilung für alle Plantagen-Unternehmungen von “den 
weittragendsten Folgen sein muß. Würde ein solches Unternehmen, 
blofs auf den Ergebnissen der Beobachtungen in Hatzfeldthafen, der 
am weitesten westlich gelegenen Station fufsend, z. B. in Finschhafen 
begonnen, so würde die Erntezeit der Plantagenprodukte in die Regen- 
zeit fallen und hierdurch der Erfolg des Unternehmens aufs äußerste 
in Frage gestellt sein, ganz besonders bei dem Anbau von Baumwolle 
und Tabak. Die mit der Besiedelung des Landes hoffentlich Schritt 
haltende Vermehrung der meteorologischen Stationen wird voraussichtlich. 
über die Grenzen dieser gänzlich verschiedenen Regenregieme, die sich 
jedenfalls je nach den Jahren etwas verschieben, mit der Zeit nähere 
Aufklärung bringen. 
M. Quedenfeldt hat eich hei Oktober wieder nach Nord- 
westafrika begeben. Je nach Lage der Verhältnisse wird der Reisende 
von Tunis aus das Vilajet Benghasi oder aber, falls die Um- 
stände ihm die Bereisung dieses Gebiefes verwehren sollten, die spani- 
schen Presidios an der Nordküste, besonders Alhucemas und Melilla 
besuchen, um den Berbern der Rif-Provinz in ethnologischer und lin: 
guistischer Beziehung näher zu treten. Später beabsichtigt der Reisende 
die ziemlich unbekannten Gebiete südlich und östlich von Tetuan zu 
erforschen. 
  
  
 
	        
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