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gegen klimatische und andere äußere Einflüsse abschließt. Eine solche Ab-
schließung kann in dreierlei Richtungen geschehen, nach unten hin, nach
den Seiten hin und nach oben hin. Aber nur die Abschließung nach oben
hin ist bei der Begriffsbestimmung des Hauses als Voraussetzung anzunehmen.
Das erhöhte Fundament oder eine Plattform, die gegen die Feuchtigkeit
des Bodens schützen sollen, sind kein Haus, ebensowenig kann eine seitliche
Umzäunung durch einen Wall, eine Planke oder eine Mauer als Haus an-
gesehen werden. Dagegen werden wir, dem allgemeinen Sprachgebrauch
entsprechend, sehr wohl in dem Falle von einem Hause sprechen, wenn es
sich um ein Bauwerk handelt, das ohne besonderen seitlichen Schutz und
ohne besonderen künstlichen Boden nur durch eine Schutz nach oben ge-
währende Dachvorrichtung gekennzeichnet ist. Wir werden also für unsere
ethnologischen Zwecke den Begriff Haus zu definieren haben als ein nach
obenhin durch ein Dach abgeschlossenes Bauwerk.
Um dem Wesen dieses Begriffes Haus näherzukommen, fragt es sich
nun aber zunächst, inwieweit dieser Begriff als solcher bei den Indianern
wirklich vorhanden ist, inwieweit sich also in ihrem Wortschatz wirklich ein
diesen Begriff wiedergebendes, also unserem Worte Haus entsprechendes
‘ Wort findet. Leider kranken die meisten Vokabulare, die von uns von
den Naturvölkern gesammelt sind, namentlich in bezug auf die Namen für
die einzelnen Sachgüter noch viel zu sehr daran, daß sie zumeist nur eine
mehr oder weniger willkürliche Übersetzung unserer europäischen Begriffe
wiedergeben und viel zu sehr auf diese eingestellt sind. So ist vielfach in
Vokabularen einfach irgendein Wort für Haus angegeben ohne genauere
Angabe über die spezielle Hausart, um die es sich im Einzelfalle handelt.
Da, wo es sich um genauere begriffliche Untersuchungen handelt, lassgn
uns natürlich alle jene Wörteraufnahmen im Stich, die einfach in der Weise
gewonnen worden sind, daß man sich die betreffenden Wörter der europäischen
Sprache von einem dieser Sprache mächtigen Eingeborenen übersetzen ließ.
Müssen solche Wörterlisten schon an sich als sehr zweitklassiges Material an-
gesehen werden, so sind sie für unseren speziellen Zweck, die einheimischen Be-
griffe festzulegen, vollständig wertlos. Wir haben es hier mit zwei vollständig
getrennten Begriffswelten zu tun, einer europäischen und einer indianischen, und
der Indianer ist am wenigsten dazu geeignet, die Beziehungen und Verschieden-
heiten zwischen beiden richtig zu erkennen und zum Ausdruck zu bringen.
Nur innerhalb des eigentlichen Milieus und an der Hand der konkreten
Sachgüter selbst läßt sich ein brauchbares Material schaffen, und solange
nicht dieses in größerer Vollständigkeit zur Verfügung steht, werden sich
auch nur einige wenige Richtlinien in bezug auf die abweichenden Begriffs-
bildungen bei den Indianern geben lassen.
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