Auf dem Rio Negro und Rio Branco 3
nam FINLAND
Meine Reisepläne interessieren natürlich alle sehr und werden an der Hand
der Karten eifrig besprochen. Einige Passagiere glauben nicht recht an
meine Mission zu den ,,Indios bravos“ und sind fest überzeugt, daß ich in
den unerforschten Gebirgen Gold und Mineralien suchen wolle. Am Tacutü
gebe es viele schöne Kristalle.
Über die politischen Verhältnisse am oberen Rio Branco höre ich
manches wenig Erfreuliche. Es gebe dort zwei Parteien, die sich scharf
befehdeten. Neves, der Administrator der Domäne Säo Marcos, an den ich
Empfehlungen habe, sei ein Todfeind von Bento Brazil, dem Deputierten
vom Rio Branco, einem der einflußreichsten Grundbesitzer. Kürzlich habe
Neves mit seinen Gegnern in Manaos im Café da Paz (,,Café des Friedens‘“!)
eine Schießerei gehabt, wie es dort manchmal vorkommt, und eine Re-
volverkugel im Bein davongetragen. Bento Brazil ist Besitzer der Lancha
„Macuchy‘. Ich lernte ihn neulich in Manaos kennen. Ein etwas steifer,
von seinem Werte überzeugter Herr. Sein Sohn Adolpho, ein schöner junger
Mann, fährt mit uns in seinem eigenen Boot, das wir im Schlepptau haben.
Er und seine junge hübsche Frau können ihre Abstammung von den Urein-
wohnern des Landes nicht verleugnen.
Unter dem Deck unseres Bateläo ist die Ladung verstaut. In dem
kleinen Raum, der zum Ausladen freigehalten wird, lungern einige Indianer
umher, die zur Schiffsmannschaft gehören und gelegentlich auch Steuer-
dienste leisten. Es sind Makuschi vom Uraricuéra, häßliche Kerle mit
plumpen Gesichtern. Schon lange im Dienste der Weißen, sind sie reichlich
von der „Kultur“ beleckt. Mit dem ältesten von ihnen, Ignacio, einem sehr
höflichen Manne mit gutmütigem Gesichtsausdruck, freunde ich mich bald
an. Er ist Häuptling von Santa Rosa, einer der letzten Niederlassungen
der Makuschí am Uraricuéra. Ich frage ihn, ob er einige Monate mit mir
reisen wolle, ich würde ihn gut bezahlen. Er scheint nicht abgeneigt zu sein
und sagt, wir wollten in Säo Marcos mit Neves darüber „konversieren‘“.
Mein reiches Gepäck imponiert ihm sehr, besonders die großen, bunt-
bemalten. Koffer mit ihrem geheimnisvollen Inhalt. Er fragt mich, ob sie
aus „Demerära“ wären, wie die Indianer Georgetown und danach ganz
Britisch-Guayana nennen.! Er hält mich für einen Engländer. Von den
Stämmen des oberen Uraricuéra weiß er manches zu berichten. Die Wayu-
mará und Sapará seien nur noch wenige Leute. Sie sprächen vom Makuschi
sehr verschiedene Sprachen. Westlich von ihnen wohnten die Purukotö
und Majonggöng, Stämme, die schon Robert Schomburgk vor 70 Jahren
1 Nach dem Flusses Demerära, an Britisch Guayana liegt.
dessen Mündung die Hauptstadt von
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