Full text: Schilderung der Reise (1)

  
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Oberarme und Beine geschlungen. Alles ist mit Urucúfarbe dick eingerieben. 
Der schmutzige, vernachlässigte Körper zeigt ganz kunstlose, schon halb ver- | 
wischte Bemalungen mit schwarzer Genipápofarbe. | 
Wir folgen diesen Vertretern der Urzeit auf die Hóhe des Ufers, wo sich | 
eine Reihe elender, kaum mannshoher Palmblatthütten erhebt, eigentlich | 
nur einseitige Schutzdächer, eins neben dem anderen und im Kreise ange- | 
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Im Lande der wilden Waika 199 | 
ordnet. Durch Zeichen fordert uns der Häuptling auf, ihm zu folgen. 
Schmidt bleibt mit zwei Mann bei den Booten. Ich nehme mit Moónekaí, 
José, Romeo und Herrn und Frau Majonggóng die Einladung an. Durch 
eine neue, große Pflanzung mit Maniok, Zuckerrohr, Bananen, Cará geht es 
im Indianergeschwindschritt, dann eine halbe Stunde auf gutem Pfad,durch 
Wald. Wieder kommen wir durch eine große Pflanzung, in der noch ange- 
brannte Baumstümpfe rauchen. Sie liegt auf der Höhe mit herrlichem Blick Il 
auf die Gebirge im Norden, Kuákí und Marutaní. Endlich eilen wir steil ab- | | 
wärts in das Tal eines Baches, wo dichter Rauch aufsteigt. Der Häuptling N 
ruft einige bellend und erregt hervorgestoßene Worte. Darauf vielstimmiges ii 
entsetztes Geschrei, besonders von Weibern, das sich allmählich im Walde 
Ri verliert. Wieder ruft der Häuptling. Wir treten auf eine Waldblöße und sind 
im Dorf dieser wilden Leute. Ein Dutzend Schutzdächer, ebenso erbärmlich 
und ebenso angeordnet wie die am Flußufer. Allmählich kommen die Be- | 
wohner, zögernd, zitternd. Ich stehe mitten auf dem „Dorfplatz‘‘, auf meine 1 
Flinte gestützt, und lasse mich anstaunen ; bin ich doch der erste Weiße, den | 
sie zu Gesicht bekommen. Schließlich haben sich zwölf bis sechzehn Männer j 
um mich versammelt. Die einen halten sich scheu zurück unter ihren jäm- 
merlichen Unterschlupfen, die man nur sehr euphemistisch „Hütten“ nennen 
kann, die anderen gestikulieren heftig und schnattern durcheinander. Einer 
ist immer häßlicher als der andere. Mehrere sind im Gesicht rot überschmiert. | 
Tonsur und Tracht dieselbe. Alle mehr oder weniger dreckig. Baden scheint 
ihnen ein mysteriöser Begriff zu sein. Alle sind mit einer scheußlichen Haut- | 
krankheit behaftet, die in großen, dunklen Flecken den ganzen Körper be- | 
deckt und sich schorfartig ablóst, was ein bestándiges Kratzen zur Folge hat. | 
Als letzter kommt ein junger, schlanker Mann ohne Tonsur, auf dem einen | 
Auge erblindet, fahl im Gesicht vor Angst und zitternd am ganzen Körper. 
Er macht es wie Kinder, die im Dunkeln singen und pfeifen, rückt mir ganz 
nahe auf den Leib und hält mir mit schreiender Stimme einen langen Vortrag. 
Das schöne Geschlecht enttäuscht: einige alte Weiber, ein paar jüngere 
Frauen mir kleinen, mageren Kinderchen. Die jungen Mädchen hat man 
wohl rasch in Sicherheit gebracht. Einige Weiber sehen im Gesicht wie wahre 
Stachelschweine aus: lange Rohrstäbchen in den durchbohrten Ohrläpp- 
 
	        
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