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Bei Häuptling Pita in Korimelemong I
KETTE Aosta UOC OOOO UOC
oberen Rio Negro. Leider stecken sie alle in schlotternden europäischen
Kleidern und machen dadurch einen verkommenen Eindruck. In der langen
Dienstbarkeit der Weißen haben sie ihre Eigenart verloren, ein sklavisch
unterwürfiges, bedauernswertes Volk.
Heute ist der Haupttag des Festes. Nachmittags kurz nach 3 Uhr, wie
ich es wegen der photographischen Aufnahmen gewünscht habe, beginnt
der Tanz. Eine unendliche Kette von Parischerá-Tánzern, Männern und
Frauen, kommt von Westen her aus der Savanne unter dem dumpfen
Geheul der Holztuten, wohl 200 Teilnehmer. Ein großartiger Anblick!
Dann tanzen und singen sie auf dem Dorfplatz in einer gewaltigen Runde.
Inmitten des Kreises tanzen Männer und Weiber den Tuküi, den Tanz
des Kolibris. Sie sind nackt bis auf den Schurz und mit kunstvollen
Mustern bemalt oder einfach mit weißem Ton beschmiert, auch in den
Haaren, was manchen ein überaus wildes Aussehen verleiht. Zu zwei oder
drei, zum Teil untergefaßt, schreiten sie hinter einander her, mit einknik-
kenden Knieen, den rechten Fuß aufstampfend. Die Männer pfeifen dazu
gellend auf einem kurzen Stück Rohr, immer denselben Ton. Auch bei
diesem Tanz wird zeitweise gesungen, lange epische Gesänge in zahl-
reichen Strophen wie beim Parischerä.
Alle Tänze und Tanzgesänge dieser Indianer hängen eng mit ihren
Mythen und Märchen zusammen, beziehen sich auf diese. Für die Tanztexte
gibt uns der betreffende Mythus erst den Schlüssel. So bezieht sich der
Parischerá auf eine lange Mythe, in der zauberkräftige Jagd- und Fischerei-
geräte, die ein Zauberarzt von den Tieren bekommt, und die schließlich
durch die Schuld böswilliger Verwandten wieder an die Tiere verloren
gehen, eine Rolle spielen. Der Parischerá ist gewissermaßen die mimische
Darstellung dieser Mythe. Wie der Tukúi oder Tukúschi! der Tanz aller
Vögel und aller Fische ist, so ist der Parisc herä der Tanz der Schweine
und aller Vierfüßler. Die Ankunft der Tänzer und Tänzerinnen in langer
Kette unter der dumpfen Musik der Holzröhren stellt die unter dumpfem
Grunzen dahin ziehende Herde der Wildschweine dar. Ursprünglich
sind wohl alle diese Tänze Zaubermittel, um reiche Beute bei Jagd und
Fischfang zu erlangen.
Die Tänze dauern die ganze Nacht ununterbrochen fort. Bis nach
Mitternacht halte ich aus. Ich tanze einige Runden mit, im Gesicht rot
bemalt und mit Zahnketten behängt, auf dem Kopf die Federkrone, trinke
auch mein Quantum Kaschiri, freilich leichtes Anaiyekü,ausMais gebraut,
während die Indianer stärkeren Stoff vorziehen. Von Zeit zu Zeit stoße ich
1 Makuscht: tukúi, Taulipáng: tuküschi bezeichnet den Kolibri.