Full text: Ethnographie (3)

    
132 Abortivmittel 
Uneheliche Kinder sind verhältnismäßig selten. Sie kennen eine Reihe 
von Abortivmitteln: 
1. Sie legen eine große, kugelige Kürbisflasche, wie sie die Weiber zum 
Wasserholen benutzen, auf das Feuer. Zerplatzt diese, so zerplatzt auch 
die Leibesfrucht und geht ab. Es ist eine Art Analogiezauber. 
2. Sie lassen sich von großen Tocandira-Ameisen Bisse auf den Leib 
beibringen. 
3, Sie zerstoßen Tocandira-Ameisen und trinken sie frühmorgens mit 
kaltem Wasser, das die Nacht im Freien gestanden hat. 
4. Sie trinken Zitronensaft, mit Wasser angerührt. 
5. Sie reiben Rinde des Baumes Irkaud‘! und trinken sie mit Wasser. 
6. Sie reiben wetezág, Blätter eines Baumes, die wie Nesseln brennen, 
über den Leib. ä 
Es gebe noch viele andere Mittel. Sie werden aber wohl vorwiegend 
von jungen Mädchen angewandt, selten von verheirateten Frauen, die im 
allgemeinen großen Wert darauf legen, Kinder zu bekommen ’?. 
Mutterschaft: Gegen Unfruchtbarkeit gibt es einen Zauberspruch, 
den ich leider nicht in Erfahrung bringen konnte. Die Mutter bebläst das 
Kaschiri, das die Tochter vor dem Beischlaf trinken soll, indem sie dazu 
den Zaubersegen spricht, der so kräftig wirkt, „daß die Tochter schon am 
anderen Tag schwanger wird“. 
Es gibt Handlungen, die auf das Geschlecht und gewisse Eigenschaften 
des erwarteten Kindes Einfluß haben sollen: Um nur Knaben zu bekommen, 
bereitet sich die Frau einen Tee aus der Wurzel der niedrigen Pflanze 
kumig®. Wenn sie aber Knaben und Mädchen gemischt haben will, trinkt 
sie auch Tee aus den Blättern der niedrigen Pflanze pa’leurai’. Sie nimmt 
dann abwechselnd die beiden Tee, morgens kumig, abends pa'léuraj. — Die 
Männer haben verschiedene Zaubersprüche, die sie jeden Tag unter Blasen 
über dem Mingaü sprechen, den die Frau trinkt, um nur Knaben oder 
Knaben und Mädchen gemischt zu bekommen‘, 
1 Oder elikaud, Brechmittel, das als Zaubermittel bei der Initiation der Zauberärzte 
und bei ihren Zauberkuren eine Rolle spielt; vgl. weiter unten. 
2 Rich.Schomburgk glaubt, daß bei den Makuschifrauen die Schwangerschaft 
oft künstlich verhindert wird (a. a. O. Bd. II, 8. 313). 
> Zauberpflanzen; vgl. oben 5. 131, Fußnote *. 
4 Ähnliche Zaubertränke wenden die Frauen der Arowaken und Warraü an, um 
Kinder zu bekommen. So lösen sie einen Schwamm, Art Nidularia, in Wasser auf und 
trinken die Brühe. — Eine Doppelfrucht („Vielliebehen“) essen sie nicht, weil sie glauben, 
davon Zwillinge zu bekommen (Rotha.a. O. 8.286, 288). 
   
	        
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