Full text: Ethnographie (3)

Schwangerschaft u 
Alle wollen Knaben haben, sagte man mir, Die Mädchen gelten nicht 
viel. Manche werden überdrüssig, wenn sie nur Töchter bekommen. Knaben 
sind immer erwünscht. 
Auch zerstampfen die Ehegatten rohe Bataten und schmieren sich den 
Brei abends vor dem Beischlaf in die Haare, damit das Kind schöne 
Haare bekommt. 
Die Begattung findet gelegentlich auf dem Feld oder im Walde statt; 
in der Hütte nur bei Nacht, wenn die Feuer erloschen sind. 
Aus gewissen Anzeichen glaubt man auf das Geschlecht des erwarteten 
Kindes schließen zu können. Hat die Mutter Schmerzen auf der rechten 
Seite, so gibt es einen Knaben; hat sie Schmerzen auf der linken Seite, 
S0 gibt es ein Mädchen. Träumt die Mutter von vielen Kürbisflaschen, in 
denen die Frauen Wasser holen, Kaschiri ansetzen usw., so bekommt sie 
eine Tochter. Träumt aber der Vater von Waffen, wie Bogen und Pfeil, 
Gewehr, Messer u. a., so wird ihm ein Sohn geboren. 
Speisevorschriften vor der Geburt: Wenn eine Frau schwanger 
ist, dürfen beide Ehegatten keine großen Fische essen, auch kein Inambü 
(Rebhuhn) und keinen Mutüm (Hokko, Crax sp.), der dem Kinde sehr 
Schadet. Ebensowenig dürfen sie die kleine Taube welusi essen, die dem 
Kinde großen Schaden bringen würde, oder Tapir, Aguti (Dasyprocta), 
kleines und großes Wildschwein, Hirsche jeder Art, Jacú und Cujubim 
(Baumhühner), Enten und Matrincham!, Tucunaré? dürfen sie essen, ebenso 
alle kleinen Fische, auch die kleine Taube wakw'wá*, die die Seele des 
Kindes bringt. Wenn sie ruft, ruft sie die Seele des Kindes *. 
  
1 Ein sehr schmackhafter Schuppenfisch. 
® Sehr schmackhafter Fisch, ähnlich unserer Forelle: Erythrinus sp. 
3 Lautmalerei. 
* Bei den Akawoio und Karaiben ißt der Mann während dieser Zeit kein Fleisch 
vom Aguti, damit das Kind nicht so mager wird wie dieses kleine Nagetier; vom Aimarä- 
fisch (Hoplias macrophthalmus), damit das Kind nieht blind zur Welt kommt, denn die 
äußere Haut der großen Augen dieses Fisches erinnert an die Trübung der Netzhaut 
beim grauen Star; von der Päca, damit der Mund des Kindes nicht so vorgeschoben, die 
Haut nieht so gefleckt wird wie bei diesem Tier — Flecken, die schließlich zu Geschwüren 
werden können; vom Marudihuhn (Penelope sp.), damit das Kind nicht totgeboren wird, 
da der Schrei dieses Vogels als ein Vorzeichen des Todes betrachtet wird (Brett, The 
Indian Tribes usw., 8. 355). — Die Pomeroon-Arowaken dürfen während der Schwanger- 
Schaft der Frau keine Schlange töten und essen, sonst würde das Kind gleich einer 
Schlange weder sprechen noch laufen können, Die Schwangere darf kein Fleisch von der 
Schildkröte, dem Tapir oder einem Fisch essen, der viel Blut hat (wie bei der Menstruation). 
Nur die Schwanzstücke vom Fisch sind ihr erlaubt (Roth a, a. O. $, 319). 
 
	        
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