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Magische Pfeile der Fische 179
ihrer Familie zu verheiraten?. Sie führen die Leute durch die Eingänge
(die Strudel) in ihre geräumigen unterirdischen Wohnungen in den Gebirgen,
wo sie als Menschen auftreten.
Bevor die Leute fischen gehen, rufen sie Rató, den Vater aller Fische,
an, und zwar stets bei Nacht. Sie bitten ihn: „morög petépe ezaig!“, „Ich will
Fische haben!“ Er antwortet: „Gut! Fische sind hier. Fange nach Wunsch,
aber verdirb nicht meine Enkel (d. h. „lasse sie nicht faul werden!“). Im
Scherz sagt Rató zum Fischer: „Gib mir einen Menschen zu essen! Ich
kann dir meine Söhne und Enkel nicht ohne Bezahlung geben.“ Dann gibt
ihm der Fischer Tabak. Weiter sagt Rató zum Fischer: „Lasse die Krank-
heit, die die Fische den Menschen bringen, nicht über dich kommen, denn
die Fische haben den bösen Blick! Bemale dich zuerst mit Genipäpo und
Urucú, damit dich die Krankheit der Fische nicht erfaßt!“
„Wenn ein Mensch Fische faul werden läßt,“ so sagen die Indianer,
„schießen sie mit ihren Pfeilen auf ihn, daß er krank wird und Fieber
bekommt. Der Mensch merkt den Schuß nicht. Erst wenn er nach Hause
kommt, fühlt er Schmerzen im Bauch, im Kopf, in den Ohren, in den
Armen und Beinen. Nur der Fisch, der den kleinen Pfeil abgeschossen hat,
weiß davon. — Es ist ebenso, wie wenn ein Mensch einen Fisch schießt.
Der Fisch sieht den Pfeil auch nicht. — Wenn Rató selbst auf einen
Menschen schießt, so muß dieser sofort sterben?.“ ;
Vergiftung infolge des Genusses verdorbener Fische wird demnach als
ein Racheakt der Fischgeister angesehen. Bei schwerer Fischvergiftung, die
Eine Art Wassernixe im Glauben der Arowaken ist Orehu oder Oriyu, ein sehr launenhafter
weiblicher Dämon. Sie ist nicht immer schlecht und grausam, sondern erweist sich oft als
wohltätig und wird als Urheberin der Zauberkunst angesehen (W.H.Brett, The Indian
Tribes. S. 371; Brett, Legends ete.8.18 ff.; Rotha. a. 0.8. 245 ff.). — Die Oyampi glauben,
daß in den Katarakten des Oyapok Schlangen wohnen, die bisweilen die Boote mit den In-
sassen auf den Grund ziehen und dort verschlingen (Coudreau, Chez nos Indiens. 8. 303). —
Im Falle Macayelé im Quellgebiet des Jary wohnen nach dem Glauben der Rukuyenne (Ojana)
drei böse Geister (yolok), der Caicoui-(Jaguar-) Yolok, Aimara-(Fisch-)Yolok und der Ticroké-
(weiße)Yolok, der sich durch weißes, bis zum Gürtel reichendes und seine Gestalt vollständig
verhüllendes Haar auszeichnet. Sie brächten die Boote zum Scheitern und verschlängen die
waghalsigen Insassen (Crevaux, Voyages, S. 250).
1 Vgl. Band II, S. 108.
2 Der Glaube, daß alle körperlichen Schmerzen und Krankheiten durch unsichtbare
Pfeile verursacht würden, die die Geister auf die Menschen abschössen, findet sich sowohl
bei den Karaiben, Kalinya-Galibi, wie bei den Arowaken. Daher nennen die letzteren „große
Schmerzen“ yawahu-shimara, „Waldgeistpfeile“ (Brett, The Indian Tribes, $. 361/362;
Legends, 8.19; Rotha.a. O. S. 181, 361/362; Penard a.a. O. 8.214). — Vel. auch Band Il,
S. 72, wo Kéyemg einen badenden Knaben mit seinem unsichtbaren Pfeil zu Tode trifft.