Krankenkur 195
Kur mehrere Nächte hintereinander fortgesetzt*. Niemals übt der Zauber-
arzt sein Amt während eines Regens aus, und wenn sich bei seiner Arbeit
plötzlich ein Gewitter entlädt, so bricht er die Kur sofort ab und beginnt
sie erst in der folgenden Nacht von neuem.
In Koimélemong hatte ich mehrmals Gelegenheit, Beschwörungen Ka-
túras, eines der angesehensten Zauberárzte der Taulipáng, nur durch die
dünne Blätterwand der Hütte von ihm getrennt, anzuhören. Später vertraute
er seine Zaubergesänge nach einigem Widerstreben auch dem Phonographen
an, wobei er sich genau so benahm, als wenn er einen Kranken vor
Sich hätte.
Der Kranke liegt bei der Kur, lang ausgestreckt, in der nahe dem
Boden angebundenen Hängematte. Neben ihm sitzt der Zauberarzt auf
einem in Tiergestalt geschnitzten, niedrigen Holzschemel, in der Rechten
ein Bündel zauberkräftiger Zweige mit frischen Blättern, mit dem er
während seines Gesanges im Takt auf den Boden klatscht, in der Linken
die lange Zigarre, aus der er von Zeit zu Zeit mächtige Züge nimmt, um
den heilbringenden Rauch mit lautem Pusten auf die schmerzenden Körper-
stellen des Kranken zu blasen.
Die Zauberrassel, marakd, die bei den Krankenkuren der meisten
—
Und ringsum sorgfältig ausgelöscht waren (Rocheforta.a. 0.9. 341, 501/502) ; ebenso bei
den Galibi (Barrere a. a. 0.S, 215). — Bei den Warrau beginnt die Entzauberung unmittel-
bar nach Sonnenuntergang, nachdem der Beschwörer vorher im Innern der Hütte jede Kohle
ausgelöscht und die Bewohner entfernt hat (Rich. Schomburgka. a. O. Bd. 1,$S. 170/171);
ebenso bei den Makuschi (ebenda II, S. 145). — Eine Zauberkur bei den Makuschi, die Im
Thurn (a. a. O. 8.335 ff.) beschreibt, begann eine bis zwei Stunden nach Einbruch der
Dunkelheit und dauerte sechs volle Stunden. Alle Feuer waren ausgelöscht. — Bei den Ru-
Uyenne (Ojana) begann eine Krankenkur, bei der Crevaux zugegen war, mit Sonnenunter-
Sang und dauerte zwei Stunden. Alle Feuer des Dorfes hatte man sorgfältig gelöscht, damit
die Geister ohne Furcht nahen konnten (Crevauxa.a. O. S.299). — Nach Coudreau
(Chez nos Indiens, S. 207) beginnt die Kur bei demselben Stamm gegen sieben Uhr abends
und endigt oft erst um Mitternacht. — Bei den Arowaken dauern die Krankenbeschwórungen
bis nach Mitternacht und werden in den folgenden Nächten fortgesetzt (Brett, The Indian
Tribes, S. 364). — Bei den heutigen Arowaken am Pomeroon dauert die Kur von Sonnen-
Untergang bis gegen zwei und drei Uhr morgens. Bei der eigentlichen Beschwörung werden
alle Feuer ausgelöscht, damit die Geister, die man herbeirufen will, sich nicht fürchten (Roth
2.2.0.8, 347). — Auch bei den Pomeroon-Karaiben übt der Zauberarzt seine Tätigkeit
"ur des Nachts aus (ebenda S. 349); vgl. auch Im Thurn a. a. 0.8. 335.
z * Wenn bei den Makuschí der Zauberarzt in der ersten Nacht keinen Erfolg hat, so wird
se den folgenden Nächten ein zweiter, manchmal auch noch ein dritter zugezogen (Im Thurn
+2. 0.8, 339).
? Ebenso bei den Warrau (Rich.Schomburgk.a.a. O. Bd. I, S.171) und den heutigen
Arowaken (Roth a. a. O. S. 348).