Full text: Ethnographie (3)

  
   
94 Reiseschutedach 
Ich habe nur in Kaualiánalemóng zwei Háuser gesehen, die auf kaum 
mannshohen Pfählen standen, ein durch die übliche Lehmwand geschlossenes 
Haus von elliptischem Grundriß mit Firstdach und eine ziemlich nachlässig 
gebaute Viereckhütte mit Giebeldach. Sie war seinerzeit für einen Engländer 
errichtet worden und wurde nun allgemein als Fremdenhaus benutzt. Der 
Rost, der auf den Pfählen ruhte, war aus Palmlatten hergestellt und mit 
Rindenstücken belegt. Eine primitive Leiter aus zusammengebundenen Stöcken 
führte hinauf*. Wie unpraktisch diese Pfahlbauten auf der den kalten Nacht- 
winden ausgesetzten Savanne sind, erfuhren wir am eigenen Leib. 
Unter den Hausformen der Taulipáng und Makuschí ist schließlich 
noch das tapé zu erwähnen. Mit diesem Namen bezeichnen die Indianer 
jeden nach allen Seiten offenen Schuppen, ein Giebeldach, das auf vier 
Pfählen ruht, vor allem das ganz einfache, im Grundriß mehr oder weniger 
viereckige Schutzdach, das man sich auf der Reise im Wald, meistens nur 
für eine Nacht, aus einigen Stangen und einer Lage Palmblätter errichtet, 
wobei man häufig ein paar nahe beieinanderstehende Bäume als Stützpfosten 
benutzt (Abb. 2, S. 22). Niemals aber bezeichnen diese Indianer mit tapéi 
eine durch Wände geschlossene Hütte, die für längere Zeit als Wohnung 
dient?. 
Für die Reiseschutzdächer im Wald gebrauchen die Taulipäng auch 
den Namen tapúluka oder tapöluka, in dem zweifellos das Wort tapéi ent- 
halten ist?. 
Die Siedlungen der Indianer sind vergänglich. Todesfälle, Ausnutzung 
des Bodens der Pflanzung und andere Ursachen bestimmen sie, ein Haus 
aufzugeben und an einer anderen Stelle ein neues zu errichten. Daher ist 
es falsch, aus dem Vorkommen verlassener Häuser oder Wüstungen ohne 
weiteres auf eine früher dichtere Bevölkerung zu schließen. 
Im Thurn zu derPlattform, auf der die Häuser stehen, Stámmchen der Euterpe oleracea 
verwenden, obgleich diese die Feuchtigkeit liebende Palme nur stellenweise im Savannen- 
gebiet vorkommt, und die Indianer sie von weither holen müssen, und anderes gleichwertiges 
Material zur Hand wäre; Im Thurn a. a. O. S. 207, — Ein gutes Bild eines auf 10 Fuß hohen 
Pfählen stehenden, geschlossenen Giebelhauses der Savannen-Makuschi neben einem Wohn- 
haus von rechteckigem Grundriß mit abgerundeten Eeken und First gibt Ch. B. Brown, 
Canoe and Camp life in British Guiana, S. 108, 133. London 1877. 
1 Vgl. Band I, $. 96 und Abb. 33. 
2 Nach Appun (Ausland 1871, S, 445) nennen die Makuschi ein großes, auf Pfosten 
ruhendes Palmdach tapui. — Die Galibí (Kalinya) nannten tabui einen 50 bis 60 Fuß langen 
und 10 bis 15 Fuß breiten, nach allen Seiten offenen Schuppen von viereckigem Grundriß, in 
dem sie ihre Versammlungen abhielten, Gäste empfingen, Feste veranstalteten und ihre Toten 
begruben; Barrere a.a.0. 8.141 (Abbildung), 145, 
3 Vel. Band IV, Wórterliste. 
   
  
 
	        
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