406 Musik und Musikinstrumente
Tod bringt. Ihnen entsprechen bei den aruakischen Ipuriná am R. Purüs
die kamut$i-Trompeten aus Rindenspiralen und „Flöten aus Tabocarohr
(koitsi) mit eingefügtem Stift, der als Pfeifenzunge dient*?.
Bei anderen Stämmen wird das Klarinettenmundstück in Kürbisse ein-
gefügt, so bei den Bororó (poari)?, den Moscho* und Mbayá*, oder in Kuh-
hörner, so bei den Mbayä° und im Gran Chaco bei den Choröti, Ashluslay
und Chané?,
Die Verbreitung der Klarinette in Südamerika und die Spärlichkeit
ihres Auftretens läßt erkennen, daß sie in postkolumbischer Zeit aus dem
Nordosten gekommen und nach Süden gewandert ist. Woher sie kam, dar-
über lassen die südamerikanischen Formen kaum einen Zweifel. Überdies
ist sie den afrikanischen Negern vollkommen fremd.
. Die einfache Aufschlagzunge ist älter als die Gegenschlagzunge: in
Agypten treten Klarinetten bereits im alten Reich (4. Dynastie, vor 3000
v. Chr.), Oboen erst im neuen (nach 1500) auf*, beide Schalmeienarten von
vornherein gedoppelt. Die primitive Klarinette mit stammeigenem, aus dem
Rohr herausgeschnittenem Blatt hat sich in der ganzen Einflußsphäre vorder-
asiatischer Kultur bis heute erhalten: in den Mittelmeerländern, Osteuropa,
Vorderindien, Borneo”; in Hinterindien fehlt sie bis auf wenige verschleppte
Sticke*, in Ozeanien ebenso. Als untrügliches Zeichen gemeinsamer Her-
kunft der ganzen Klasse findet sich meist auch die über die Zunge ge-
streifte Fadenschlinge. Die Windkammer, die bei dem Ihuruäna-Typus durch
den oberen Teil des Rohres gebildet wird, kennen wir von den südslawischen
Doppelklarinetten als aufgesetzten Holzbecher, von der baskischen Albogea
und dem walisischen Pib-corn aus Horn, von den indischen Formen und
denen des griechischen Archipels aus Kürbis. Diese Typen sind nichts
anderes als Nebenformen der Sackpfeife, deren Namen sie auch oft führen
*P, Ehrenreich, Beiträge zur Völkerkunde Brasiliens. Berlin 1891, 70,
°K. von den Steinen, Unter den Naturvölkern Zentralbrasiliens 2, Berlin 1897, 8831.
„Mit Büschelchen vom Haar der Verstorbenen behangen, waren die Poaris nur schwer von
den Bororö zu erlangen.“
2 P, Fr.X. Eder (1791): ,cucurbitas rotundas inserta fistula inflant.“ Zit.nach N. 11 129,
*Sänchez Labrador (1770): „boeina, que un cuerno de vaca, ó un calabazo largo,
agujereado, y por boquilla un cañuto de caña con su lengueta, al modo de las trompetillas
que hacen los muchachos.“ Zit. nach N. I. 183.
SN. 1.188.
°C. Sachs, Die Musikinstrumente des alten Ägyptens, Berlin 1921.
"R. Shelford, Journ. R. As. Soc, Straits Branch, June 1904, 35f,
$ C. Sachs, Die Musikinstrumente Birmas und Assams, Sitzungsber. Akad, München
1917, 38,