Full text: Ethnographie (3)

   
  
56 Leckerbissen 
Wasserschildkróte (Testudo tabulata und Emys amazonica) im Januar eifrig 
gesucht, gewöhnlich in der heißen Asche gebraten und gern gegessen. Auch 
das Fleisch des Leguans (Iguana tuberculata Laur.) ist bei den Indianern 
sehr beliebt, weil es schmackhaft und zartem Hühnerfleisch nicht unähnlich 
ist. Diese blattgrünen Eidechsen, die eine Länge von 1'!/a m erreichen, führen 
auf den Zweigen der Uferbäume ein beschauliches Dasein und werden meistens 
nur dem scharfen Jägerauge des Indianers sichtbar, wenn sie nicht vorzeitig 
sich platschend ins Wasser stürzen. i 
Fett und auch für einen vorurteilsfreien europäischen Gaumen nicht 
übel schmeckt die dicke, gelbe Larve des großen Käfers Calandra pal- 
marum, die aus den vermodernden Palmstämmen gebohrt und auf der 
Herdplatte geröstet wird, und ebenso die großen, geflügelten Weibchen der 
Blattschneideameise (Atta cephalotes Fab.), deren fettes Abdomen man auf 
dieselbe Weise zubereitet, nachdem man den mit starken Mandibeln bewehrten 
Kopf abgerissen hat. Ihre Flugzeit im Januar und Februar, also kurz vor 
Beginn der Regenzeit, wird von den Indianern mit Freuden begrüßt. Alt 
und jung eilt zu dem Bau, um die auskriechenden Ameisen mit Zweigen 
und Palmwedeln niederzuschlagen oder ihnen mit Feuerbränden die Flügel 
zu versengen und sie dann in Körben und Blattüten zu sammeln. 
Auch eine Art großer Raupen wird gegessen. 
Nicht minder beliebt bei den Taulipäng und Makuschi sind Wespen- 
larven, die die letzteren akald nennen. Sie werden zu Maniokfladen verspeist 
und schmecken angenehm süßlich, ähnlich unreifen Haselnüssen. 
Zu den’Leckerbissen gehören endlich Blutwürste, die den Taulipäng 
und Makuschi eigentümlich sind, da schon die Brüder Schomburgk sie bei 
ihnen antrafen!. Tapirleber und -herz werden in kleine Stücke geschnitten, 
mit Blut gemengt und in einen Darm gestopft. Die Wurst wird auf dem 
Rost zugleich geräuchert und gebraten. | 
Häufig sind die Indianer wenig wählerisch in ihren Genüssen. So aßen 
meine Leute während der Reise Beeren, die ein erlegtes Penelopehuhn im 
Magen gehabt hatte. 1 
Eine große Rolle im Leben des Indianers spielt der Tabak. Er ist für 
ihn ein Genußmittel und in noch größerem Maße, wie wir später sehen | 
werden, ein Zauber- und Heilmittel. j 
Gegen Ende der Regenzeit wird der Tabaksamen von den Männern in 
den Pflanzungen dicht gesät. Wenn die Pflänzchen etwa eine Hand hoch 
sind, werden sie vorsichtig ausgezogen und weiter auseinander gepflanzt 
  
ı Vgl. Band II, S. 58/59, 251. 
  
  
  
 
	        
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