Mein Examen in Merxiko. 195
Laviſta von geſtern abend nun wohl wieder gut gemacht
war, ich war im Zweifel über die Richtigkeit meiner mit
Hilfe des Ophthalmoſkops geſtellten Augenverletzungs—
Diagnoſe und über die Art der Rückenmarkserkrankung.
Ich wußte, daß drei ſchwarze Kugeln genügten, um einen
durchfallen zu laſſen, und wünſchte ſehr, mich zu verge—
wiſſern, ob meine beabſichtigte Diagnoſenſtellung auch die
richtige wäre. Alles ſchien mir plötzlich auf dem Spiele
zu ſtehen. Winkend und anſpornend hatte immer das
„deutſche Haus“ vor mir geſtanden. Dem zuliebe that
ich ja dies alles. Verfehlte ich hier meinen Zweck, ſo
verſank alles, die geträumte glänzende Zukunft meiner
Praxis, der Meinen, die ängſtlich in dieſem Augenblick
auf mich warteten, und das ganze deutſche Haus mit
ſeinem aufſproſſenden Deutſchtum, wo man zum erſten
Mal nach langer Zeit ſich freuen ſollte, ein Deutſcher
unter Deutſchen zu ſein, es verſank in grauen Nebel als
etwas Unerreichbares, wie ich ſo zweifelnd an meinen
Diagnoſen die Treppe hinabſchritt.
Doch, wo die Not am größten, iſt die Hilfe am
nächſten.
3 Auf dem Treppenabſatz hinter mir gewahrte ich
Dr. Guzman, den Sohn des Präſidenten von Guatemala,
der faſt gleichzeitig mit mir ſich zum Examen gemeldet
und es vor zwei Tagen glücklich beſtanden hatte. Kon—
ferieren war verboten, aber es gelang ihm doch, mir ſchnell
die fünf Diagnoſen, wie er ſie von den zuhörenden Ärzten
und Studenten beſtätigen gehört hatte, ins Ohr zu ziſcheln.
Alſo hatte ich doch recht gehabt mit meiner Luxatio
lentis. Ich war ihm dankbar für die innerliche Ruhe,
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