Das Deutſche Haus in Mexiko. 257
Ich mußte, um mich nach etwa eingegangenen Briefen
zu erkundigen, nach dem Geſchäftslokal jener Hamburger
Firma, deren Prokuriſt mir bei meiner Überſiedelung die
größten Liebenswürdigkeiten und Gefälligkeiten erwieſen
hatte.
Der Chef war gerade ausgegangen, wie mir der Pro—
kuriſt, mein alter Bekannter, mitteilte, der eben über einer
größeren ſchriftlichen Arbeit vor großen Büchern und
Schreibbogen ſaß.
„Wenn Sie es nicht ſehr eilig haben“, ſagte er, ſeine
Bogen durchfliegend, „ſo begleite ich Sie, ſowie ich dieſen
Miniſterialbericht fertig habe, nach dem deutſchen Hauſe,
wo wir den Chef beim Frühſchoppen treffen werden, und
wo ich, der ich augenblicklich gerade das Amt des Keller—
meiſters verwalte, Sie herumzuführen mir zum Vergnügen
machen werde. Ich bin mit dieſer Arbeit hier gleich fertig.
Den Bericht will unſer Miniſter morgen ſchon nach Berlin
abſchicken ans Miniſterium des Äußern. Es dauert keine
zehn Minuten!“ Damit nötigte er mich, es mir bei einer
guten mexikaniſchen Porfirio-Diaz-Zigarre bequem zu
machen, und neben ſeinem großen Arbeitstiſche Platz
nehmend, fragte ich: „Ein Miniſterialbericht, wie iſt das
zu verſtehen? Dazu hat doch der Geſandte ſeinen Geſandt—
ſchafts⸗Sekretär?“
„Ja, der verſteht von dieſen käufmänniſchen Sachen
ebenſo wenig, wie ſein Vorgeſetzter, und darum iſt es hier
ein alter Brauch, daß mein Chef ihm aus Gefälligkeit die
Sachen aufſetzt, natürlich in dem Sinne, wie es uns Kauf—
leuten am beſten paßt — denn wir werden doch natürlich
die Verhältniſſe nicht in einer für unſere Geſchäfte un—
günſtigen Weiſe beleuchten —“
Below, Mexiko. 17