358 Die Ketzertaufe.
gewinnen. Der alte Cortina, der Räuberhauptmann, ver—
ſtand ſich immer gut auf dieſes Spiel. Bloß das letzte Mal
ſchlug ſeine Karte fehl, weil Diaz im ſtillen mit der Kirche
ein Abkommen traf.“
„Wer weiß, welche Karte bei dem nächſten Putſch
die gute iſt?“ fragte der Jüngere drüben am Tiſche und
raſſelte mit den Würfeln.
„Immer die der Mochos, die der Geiſtlichkeit, wenn's
wieder einmal los gehen ſollte,“ meinte ſchmunzelnd der
Alte — „aber ſtill, da kommt der Zug, den wir ja heute
hier nach der Kapelle wallfahrten ſehen wollten. Es iſt
lange her, daß ich keinen Ketzer habe taufen ſehen.“
„Wer iſt denn der mit der papiernen Ketzermütze?“
fragte einer vom Ende des Tiſches.
„Es iſt der Sohn des deutſchen Konſuls, der ſich vor
mehreren Jahren erſchoſſen hat,“ erklärte der Alte. „Der
Sohn ſcheint pfiffiger zu werden, als der Vater.“
„Daß ſich die deutſchen Konſuln hier zu Lande ſo
gern erſchießen,“ hieß es. „Dies war der dritte deutſche
Konſul, der ſich hier erſchoß. Zuerſt die beiden in
Zacatecas!“ beſtätigte der Alte, der genau Beſcheid mußte.
„Sie müſſen es wohl ſchwer haben, daß ſie das Leben
hier ſo leicht ſatt kriegen,“ lachte einer vom Ende des
Tiſches herüber.
„Seht nur: Da kommt der Zug mit dem Ketzer.
Sie biegen nach der Kapelle ein!“ rief man, ſich hoch auf—
richtend und den Zug muſternd, der dicht an den Plätzen
der Arreros vor der Pozada, dem Ausſpann, vorbeizog.
Einer dieſer Zuſchauer rief in ſeiner freudigen Er—
regung: „Lauter Teufelchen ſind auf die papierne Ketzer—
mütze gemalt. Jetzt muß er dreimal knieend an der