Besprechung von Prof. A. Ehrhard, Strassburg 41
manischen Wissens, der germanischen Zivilisation und
der germanischen Kultur, unter welcher er die Weltan-
schauung, die Religion und die Kunst zusammenfasst.
Das ist eine harte Anklage, die mich tief ergriffen hat,
und die nicht verfehlen wird, eine bekannte religiös-poli-
tische Bewegung in Österreich mächtig zu fördern; der
Heisshunger, mit dem das Buch auf unserer Universitäts-
bibliothek und, wie der Erfolg des Buches beweist, in unge-
zählten Familien verschlungen wird, ist ein sicheres Symp-
tom dafür. Chamberlain begnügt sich nämlich nicht damit,
die Anklagen zu formulieren; er zieht auch die Folgerungen
daraus. Diese Folgerungen gipfeln aber darin, dass die
römische Kirche den verhängnisvollsten Einfluss auf die
bisherige Entwickelung des Germanentums ausgeübt habe,
dass sie nebst dem Judentum den dem Germanentum frem-
desten Bestandteil des Erbes darstelle, das 18 Jahrhunderte
dem 19. hinterliessen, dass daher alles aufzubieten sei,
um den Feind, der ‚in allen Feinden des Germanentums
geborene Verbündete besitzt‘ (S. 645), für die Zukunft un-
schädlich zu machen. Ich muss auch gestehen, dass die
harte Anklage vernichtend wäre, wenn man sie als wissen-
schaftlich berechtigt anerkennen müsste. Glücklicherweise
ist sie es aber keineswegs. Um das nachzuweisen, müsste
ein ganzes Buch demjenigen Chamberlain’s entgegenge-
stellt werden, und ich wünsche lebhaft, dass dieses Buch
geschrieben werde. In diesem Rahmen ist der Versuch
naturgemäss undurchführbar. Ich halte mich aber für
verpflichtet, wenigstens die Hauptirrtümer Chamberlain’s
als solche aufzudecken.
Prof. Dr. Albert Ehrhard, s. Z. Wien.
(Vorträge u. Abhandlungen der Leo-Gesellschaft, Heft 14.)