Besprechung v. Prof. Golther, Rostock 55
sage, die sich eben in den allgemein indokeltischen Ge-
danken und Formen bewegt und darum auch mit grie-
chischer und indischer Sage eng verwandt ist, anzuziehen
gewesen, als der seinem Ursprung nach überaus proble-
matische Tristan. Mir scheint, Chamberlain trägt, nicht
ganz berechtigt, die wundervolle Einheit der Meisterdra-
men in die ihnen zugrunde liegenden doch sehr verschie-
denartigen Stoffe zurück. Für die engere Verwandtschaft
zwischen Slawen und Germanen bieten sich noch weniger
Beweise. Wohl aber bilden die Süd- und Ostdeutschen eine
neue, z. B. aus der Vermischung mit Kelten und Slawen
hervorgegangene Germanenart. Insofern wirken kelto-
sSlawische Bestandteile fruchtbar und neu für die Ent-
wickelung der germanischen Rasse mit und Germanen ha-
ben wiederum ihrerseits mitten unter Slawen und Kelten
sich angesiedelt und dadurch neuen geschichtlichen Auf-
schwung (vergl. z. B. die Begründung des russischen Staa-
tes durch schwedische Wikinger und Frankreich) bewirkt.
Wenn wir also den Germanenbegriff doch mehr aufs
Stammland und Stammvolk, also auf seine eigentliche und
gewöhnliche Bedeutung, einschränken möchten, so pflich-
ten wir aber vollauf der ausgezeichneten Charakteristik bei,
die Chamberlain von seinen Germanen entwirft. Ich hebe
daraus nur die Bestimmung der Begriffe Freiheit und
Treue (S. 502) als besonders gelungen hervor. Sehr an-
schaulich wird das Germanische durch Gegenüberstellung
des Antigermanischen, z. B. wenn Chamberlain Ignatius
von Loyola, den Basken schildert.
„Was euch nicht angehört,
Müsset ihr meiden;'
Was euch das Innere stört,
Dürft ihr nicht leiden!“
Die Entstehung einer neuen germanischen Welt, ins-
besondere Weltanschauung, Religion und Kunst belehrt
darüber, was die Germanen erreichten, soweit es ihnen
vergönnt und möglich war, im Sinne dieses Meister-