Full text: Im Reiche des Kondor

  
00000000000000 Pirschgänge auf den Correntiner Pampashirsch. ooo0000000 87 
. mans, Zum Schlafen kam ich nur wenig, denn ich sann während 
der ganzen Nacht darüber nach, wie man über den See auf eine 
der Inseln gelangen könnte, z. B. auf einem Floß. Diese Gedanken 
mußten aber verworfen werden, denn der See war zu mächtig. 
Wäre stärkerer Wind aufgekommen, so hätte es uns schlecht er- 
gehen können, um so mehr, als mir nur die beiden jungen Burschen 
zur Verfügung standen. Im übrigen wurde diese Frage in anderer 
Weise gelöst. Wir hatten unser Nachtlager etwa einen Kilometer 
von den Seeufern entfernt auf einer Höhe aufgeschlagen, um | 
einigermaßen gegen die Moskitos geschützt zu sein, die recht offen- 
siv waren, Wer beschreibt nun unseren Schrecken, als wir kurz 
vor Tagesanbruch dadurch erwachten, daß wir im Wasser lagen. 
Wir hörten noch bei Dunkelheit ein seltsames Glucksen und 
Plätschern ringsumher, das wir uns nicht erklären konnten. Als 
aber die Sonne aufging, übersahen wir die Bescherung. Die Lagune 
war während der Nacht mit überraschender Schnelligkeit ge- 
stiegen, vermutlich um mehrere Meter, wahrscheinlich infolge 
eines jener periodischen, zu ganz unbestimmten Zeiten auftreten- 
den Hochwasser des Paranä. Da gab es kein langes Besinnen. 
Vor uns nach Norden und Süden dehnte sich eine unübersehbare 
Wasserfläche aus. Nur nach Osten hin gab es noch einen Aus- 
weg, denn dort erschien in der Ferne ein Streifen festen Landes. 
Schnell waren wir im Sattel und ritten nun, bis an die Knie im 
Wasser, in der Richtung Ost auf das feste Land zu, das wir denn 
auch nach großen Anstrengungen endlich erreichten. Es war 
höchste Zeit gewesen, denn um und hinter uns stiegen die Wasser 
mit unheimlicher Geschwindigkeit. Obgleich wir in keinem Mo- 
ment die unter solchen Verhältnissen erforderliche Gemütsruhe 
verloren, war die Lage nicht gerade angenehm, denn man hätte 
bei dieser Gelegenheit ertrinken können, ohne daß ein Hahn da- 
nach gekräht hätte. 
So ist das Leben in der Neuen Welt! Man streift dicht am 
Tode vorbei, aber schon eine Stunde später denkt man nicht 
mehr an die überstandene Gefahr. Ich erinnere mich noch heute 
ganz genau, daß das einzige Empfinden bei mir Ärger war, Ärger 
darüber, daß meine ganzen Jagdprojekte nun ins Wasser gefallen 
waren, denn es war unmöglich, nach Süden über den Mirifay in 
den Hirschpark zurückzukehren. Dort dehnte sich bis zum Hori- 
zont ein ungeheures Meer, aus dem nur die hohen Bäume des 
Galeriewaldes mit den Kronen herausschauten. Was mußte nun 
 
	        
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