Full text: Im Reiche des Kondor

    
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
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Zehntes Kapitel. 0000000000000000000000000000 
Wir verblieben noch einige Tage im Tale Lapa, wo es allerlei 
zu tun gab. Es handelte sich besonders um das Studium eines 
Phänomens, das uns aus verschiedenen Gründen interessierte. Vor 
Jahren hatte hier eine Eskadron auf dem Durchmarsche biwakiert. 
Die Pferde waren wie üblich auf die Weide getrieben. Am fol- 
genden Morgen aber hatten viele Tiere gefehlt, die man schließlich 
ohne sichtbare Ursache verendet vorgefunden. Das konnte nur 
die Folge des Genusses giftiger Pflanzen sein, oder des Ausströ- 
mens giftiger Gase aus dem Boden. Ich vermute, daß Kohlensäure 
die plötzlichen Sterbefälle der Pferde verursachte. Die Eingebo- 
renen kannten die gefährlichen Gegenden des Tales genau und 
vermieden es, ihre Tiere dort weiden zu lassen. Sie nannten das’ 
Phänomen „Guaycü”, ein zweifellos aus dem Indianischen stam- 
mendes Wort, das beweist, daß schon die Indianer diese Erschei- 
nung kannten. 
Als ein paar Tage verstrichen waren, entschloß ich mich, in 
der Erwartung, daß die Pumas die Höhle, aus der wir sie ver- 
grämt, wieder angenommen haben würden, mich in der Nähe an- 
zusetzen. Ich erkundete das Gelände sehr genau und fand frische 
Fährten, die in das Höhlenlabyrinth hineinführten, Bei schönem 
Mondschein setzte ich mich etwa 50 Schritt von einem Haupt- 
wechsel derart an, daß das Raubwild mir breit kommen mußte. Die 
Nacht war warm und schön. Tiefste Stille herrschte, Aus der 
weiten Ebene unter mir drang ab und an der Ruf eines Nachtvogels 
herüber, auch wohl der vereinzelte Schrei eines Maulesels, Meine 
Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Während der Nacht | 
bemerkte ich nichts, erst mit Tagesanbruch sah ich ein Rudel | 
Guanacos, das auf halber Höhe unter mir zu Tal zog. Dann stieg | 
die Sonne im Osten empor. Der erste kalte Morgenwind durch- 
schauerte mich. Die Klippen und Blöcke erstrahlten in malerischer 
Morgenpracht. Plötzlich näherte sich auf dem Wechsel, von der 
Morgensonne beleuchtet, ein mächtiger Puma, der etwas Graues 
im Fang hielt. Was es war, konnte ich nicht erkennen, dazu war 
es noch zu schummerig. Als ich schoß, brach das Tier in seiner 
Fährte zusammen. Trotzdem mich die Neugier plagte, blieb ich 
auf meinem Posten, um nicht weiteres Wild zu vergrämen. Fünf- 
zehn Minuten mochten vergangen sein, schon waren die Gegen- 
stände deutlicher zu erkennen, da kamen dicht hintereinander 
fünf Pumas über den Wechsel heran, ein unvergeßlicher Anblick. 
Ich nahm den stärksten aufs Korn und ließ den Schuß fliegen. 
   
 
	        
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