wenn ihn einmal eine Kugel erreichen ſollte, ſo möge ſie ihn
nicht ernſtlich verletzen, ſondern lieber gleich töten, ſtatt ihm
einen Arm oder ein Bein wegzureißen und ihn zu einem ar⸗
beitsunfähigen Krüppel zu machen.
„Ich ziehe es vor, ein Krüppel zu ſein und zu leben, ſtatt
zu ſterben.“
Der Alte ſchüttelte den Kopf und ſagte: „Ein Krüppel,
nein — einarmig, nein — heil und ganz, heil und ganz muß
man ſein. Und wenn nicht heil und ganz, dann lieber tot.
Ein Wenſch, der nicht arbeitet, taugt zu nichts, er iſt nur ein
unnützes Ding, das allen im Wege ſteht!“
Der Alte ſetzte hinkend ſeinen Weg fort, während Ignacio
ihm ſinnend nachſah.
Krüppel? Nein! Einarmig? Nein! Heil und ganz! Und
wenn nicht heil und ganz, dann lieber tot! Sollte es wirk⸗
lich möglich ſein, daß er einmal verſtümmelt, ſa vielleicht ſo⸗
gar arbeitsunfähtg werden könnte? Wer dachte an ſo was?
Das Gefühl der Geſundheit verdrängte alle derartigen Vor⸗
ſtellungen aus ſeinem Geiſte, die freilich bloß verdrängt wur—
den und nicht ertötet und vernichtet, ſondern gleichſam einen
Niederſchlag auf dem Grunde ſeiner Seele bildeten, deren
ſich allmählich eine tiefe Traurigkeit über den Krieg bemäch-⸗
tigte.
Die Einförmigkeit dieſes Lebens wurde nur einmal durch
eine Aushebung unterbrochen, an der auch Ignacio teilnahm.
Alle Männer zwiſchen 18 und 40 Jahren ſollten aus den
Dörfern geholt und eingezogen werden. Bei dieſer Gelegen⸗
heit zogen ſie auch einen aus einem Speicher hervor, der
ſich hier verſteckt hatte, und es nützte nichts, daß der Pfarrer,
der ſie begleitete, auf ihn einredete und ihm Mut zuſprach.
Einige Eltern weigerten ſich, ihre Söhne herzugeben, allein
der Pfarrer ermahnte ſie und drohte ſogar, bis ſie ſchließlich
nachgaben. Andere wieder ſtellten ihre Söhne als Schatz
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