Full text: Frieden im Krieg

   
    
kuſſionen, die ſich in nichts von denen unterſchieden, die durch 
die verſchiedenen Kombinationen beim Lhombreſpiel ver— 
anlaßt wurden. So disputierte man lange Zeit darüber, 
ob die Entfernung von Somorroſtro nach Bilbao 3 oder 
5 Meilen betrüge und ob die Carliſten noch zwei oder vier 
MWonate lang Widerſtand leiſten könnten. 
Dieſe mit lauter Stimme geführten Dispute übten eine 
große Anziehungskraft auf Pachico aus. Wie lebhaft waren 
doch die Unterhaltungen zwiſchen dieſen Leuten, die lebendige 
Menſchen, Menſchen von Fleiſch und Bein waren und bei 
dieſer Gelegenheit ihre ganze Seele vor einem öffneten und 
ausbreiteten, während ihn die geſchriebenen Zeitungsberichte 
und die Tatſachen, die er aus den Diskuſſionen des kleinen 
Cafés erfuhr, langweilten. Man mußte dieſen prächtigen 
penſionierten Hauptmann hören, der, während er aus ſeiner 
Taſche das unvermeidliche Goldſtück hervorzog, das er be— 
ſtändig gleichſam als Dekorationsſtück bei ſich trug, mit 
lauter Stimme ausrief: „Ach was, das alles iſt doch nur 
Gerede und nichts mehr! Ich wette zehn Duros, daß die 
Carliſten keinen Monat mehr ſtandhalten. Ich kenne doch 
das Geländel!“ 
Im Vergleich zu dieſen Diskuſſionen war alles, was in 
der Preſſe zu leſen war, nichts weiter als eine dürftige, er— 
müdende, loſe Aufzählung einzelner Tatſachen. Was würde 
von dieſem ganzen Kriege übrigbleiben! dachte Pachico. 
Trockene Nachrichten, beſtenfalls vier Zeilen in den Ge— 
ſchichtsbüchern der Zukunft, eine vorübergehende Erwähnung 
dieſes Krieges als eines der zahlloſen Bürgerkriege, der mit 
dem Tode ſeiner Akteure der Vergeſſenheit anheimfallen 
würde. Ja, dieſer Krieg war nicht mehr als eins der vielen 
Kettenglieder im Leben des ſpaniſchen Volkes: ein Glied, 
deſſen tiefſte Bedeutung vielleicht bloß darin beſtand, die 
Stetigkeit der Geſchichte dieſes Landes aufrechtzuerhalten. 
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