Full text: Frieden im Krieg

   
jedoch die äußerſte Kruſte, die ihn umſchloß, ſchon ſprengen 
zu können. Er dachte wohl beſtändig an ſeinen armen Sohn, 
aber das Tempo ſeines Denkens war ſo langſam, daß es 
völlig ſtillzuſtehen ſchien. Es war ein nebelhaftes Schweifen, 
eine unbeſtimmte, geſtaltloſe Viſion, die unmerklich in all 
ſeine Gedanken eindrang. Es war, als wenn die Erinnerung 
an ſeinen Sohn ſeine Seele erfüllte, ſo wie eine einzige un⸗ 
endliche, finſtere, drohend geballte Wolke die Erde in ihren 
einförmigen, dunklen Farbenton taucht, den der Schatten 
der Wolke wirft. Unter dieſer Erinnerung aber ruhte, wie 
in tiefer Erſtarrung, der Schmerz. 
Es bereitete Pedro Antonio ein beſonderes Vergnügen, 
durch all die kleinen Orte und Plätze ſeiner Kindheit zu 
wandern, wo er einſt im Schatten der Kaſtanien und Nuß— 
bäume die langſam und träge verrinnenden Stunden ſeiner 
Jugend verbracht hatte. Bei jedem Schritte blieb er ſtehen, 
um lange Geſpräche mit ſeinen alten Freunden zu führen, 
die er auf ſeinem väterlichen Hofe in ſchwerem Kampf mit 
der harten Scholle antraf. Er ließ ſich außerordentlich gern 
bedauern, und er empfand einen Genuß an ſenen Unterhal⸗ 
tungen, die gewöhnlich ihren Abſchluß in den Worten fan— 
den: „Der Wenſch denkt und Gott lenkt.“ 
Wenn Pedro Antonio um die Mittagszeit den Rauch von 
den Dächern der Höfe aufſteigen ſah und beobachtete, wie 
er ſich hoch oben in der Luft verlor, dann wurde er ſich kaum 
noch bewußt, daß es einmal Krieg gegeben hatte. Nur die 
Geſpräche und Unterhaltungen im Kreiſe der Freunde er— 
innerten ihn noch daran, wenn ihn ſein Bruder nachmittags 
zu deren Berſammlungen mitnahm, ſowie die Klagen der 
Landleute über die ſtändigen Requiſitionen, unter denen ſie 
zu leiden hatten, da ſie doch das carliſtiſche Heer mit Pro— 
viant verſorgen mußten, oder vielleicht noch ein von Zeit zu 
Zeit vorbeimarſchierendes Bataillon. Die ihn ſtändig ver— 
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