Full text: Familienalbum einer Stadt

‚kleiden sich unauffällig wie Einheimische. Das fällt 
äu : 
Und auch sonst stimmt etwas nicht. Man trifft 
überall dieselben Leute zu bestimmten Stunden. Sie 
gehen gleichsam nach der Uhr spazieren. Sie tun so, 
als ob sie etwas zu tun hätten. Es zieht sie sichtlich 
in eine bestimmte Richtung, sie machen den Eindruck, 
als hätte ihnen der Arzt eine bestimmte Anzahl von 
Kilometern vorgeschrieben, und diese innerhalb einer 
gewissen Zeit. Sie gehen Rekordspazieren. Auf dem 
Weg von Cortina d’Ampezzo zum Misurinasee traf ich 
einmal solche Turisten — Vater, Mutter und Sohn —, 
die in Eile den Aufstieg machten und mir nachher ver- 
rieten, sie hätten die Zeit, in dem Vorjahr Bekannte 
_ zu dem gleichen Weg benötigt, um drei Minuten unter- 
boten. So drängen sich die meisten Spaziergänger an 
‘den Kreuzungen, einer will dem andern zuvorkom- 
_ men, besonders um die Mittagszeit. Abends gehen sie 
auch wesentlich langsamer als morgens. Es ist Frem- 
denverkehr in weehselnden Rhythmen, und alle schei- 
nen sich verabredet zu haben, einander zu begegnen. 
Sie grüssen sich bereits, die Fremden sind nicht 
_ mehr fremd zu einander. Sie genieren sieh auch nicht, 
in Werktagskleidern zu erscheinen, Frauen tragen ta- 
gelang den gleichen Hut. Es sieht nach Vorsaison aus, 
bloss ein A eonto auf die „Temporada“. Ein Fremder 
muss sieh eigentlich ein wenig verfrüht vorkommen, 
_ er müsste gute Lust haben, den einen und den andern 
der ihn Begegnenden zu fragen, was ihm für Zimmer 
samt Pension berechnet werde. In Fremdenverkehrs- 
‘orten ist das üblich. Man erholt sich besser, wenn man 
Rn 
 
	        
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