Full text: Familienalbum einer Stadt

Ei, aber auch die Post bt eben ihre Horakechem- 
nisse, Alles ist bloss eine Frage der Briefmarken. 
Die Frage der Briefmarken ist in Uruguay gegen- 
 wärtie etwas kompliziert. Die zu sechzig Cents bei- 
spielsweise sind mit 23 Cents überdruckt, und die zu 
fünfzig Cents mit vierzehn. Dann gibt es überdruckte 
Marken, die zehn Cents wert sind, und nicht über- 
druckte zu 12 Cents. Nur ein Briefmarkensammler 
kann alle die Varietäten kennen, und ein Briefmar- 
 kensammler muss auch seine Freude daran haben, 
wenn er in die geöffnete Tischlade der Postbeamtin 
sieht. Für Leute freilich, die Marken nicht sammeln 
wollen, sondern bloss auf Briefe kleben, um sie tarif- 
 mässig abzuschicken, für sie und für das Postfräu- 
lein ist die Kollektion der uruguayischen Briefmär- 
ken augenblieklieh reiehlieh bunt. Zu bunt, wenn man 
zusehen muss, wie die Postbeamtin aus der Fülle der 
_ Möglichkeiten ganz allmählich eine Serie zusammen- 
stellt, die man dann neben- und untereinander auf den 
"Briefumschlag zu kleben hat. Irgendwo auf dem Schal- 
ter steht sogar ein kleiner Apparat, sehr praktisch, 
um die Marken anzufeuchten. Aber man gelangt nicht 
hin, ausser mit viel Gewalt und Ausdauer, denn es 
ist ein weiter Weg, und gute Bekannte rufen einem 
von irgendwoher zum Abschied zu: „Iulobyr Sie wohl!“. 
” Man sieht sie nieht wieder. 
Vor dem Schalter drängen, stossen Ya schwitzen 
_dreissig Menschen oder tünkeig. und. einer sieht über. 
des andern Schultern hinweg den hochinteressanten 
Manipulationen des Postfräuleins zu, wobei er inzwi- 
‚sehen Zeit hat, auszureehnen, wie weit er selbst schon 
 
	        
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