Full text: Das Urwaldschiff

  
  
  
  
  
ſchen· Roman machen, voll von Namen und Daten. Die paar, die vor⸗ 
kommen, werden echt ſein; aber ich möchte in dem Buch, das ich da 
machen will, lieber das gefiederte Laub einer Aſſaipalme richtig be⸗ 
ſchrieben haben als irgendeine Haupt⸗ und Staatsaktion ¶ Es 
mag ſein, daß der Ritter Francisco de Orellana nicht mit einem Schiff 
durch den amazoniſchen Urwald fuhr, ſondern mit zweien. Aber dieſe 
zweite Brigantine, die die rechthaberiſche Hiſtorie ihn bauen läßt, iſt 
eine überflüſſige Wiederholung und ſtört mich; es iſt einer von den 
Fällen, in denen ein bißchen weniger Wirklichkeit eine Geſchichte wah⸗ 
rer macht ¶ — 
Jetzt, da ich davon ſpreche, ſagte der Weltbummler, ſcheint es mir, 
daß ich dieſes Buch ja doch niemals ſchreiben werde; graut mir denn 
nicht davor, mich in ir gendeinem Zimmer voll von Büchern und Pa⸗ 
pieren an einen Tiſch zu ſetzen und von dieſem Träumer, von dem ich 
träume, Francisco de Orellana, mit Tinte auf ein Papier zu träufeln: 
er war, er dachte, er hatte — — Ja, wenn es möglich wäre, die Ge⸗ 
ſchichte aller Welt ſo zu erzählen, wie ich ſie jetzt Ihnen erzählen werde, 
in dieſer Nacht unter dem ſüdlichen Kreuz, während vor uns am Ufer 
im amazoniſchen Wald ein Feuer brennt, und es duftet nach un⸗ 
bekannten Dingen, und unbekannte Töne kommen aus dem Wald, der 
uns nahe iſt, und was unten im Waſſer vorbeiplätſchert, kann ebenſo⸗ 
gut wie nicht eine vorbeiſchwimmende Schildkröte ſein oder der Teu⸗ 
felsfiſch Piranha, und wir ſitzen da und rauchen dieſen erdigſchwarzen 
Tabak, der nichts anderes iſt als das wirkliche Aroma dieſes braſiliſchen 
Bodens, die nackten Indianer haben ihn geraucht, ehe Orellanas wei⸗ 
ßes Antlitz kam, ſo ſitzen wir da in dieſem geſtirnten warmen Dunkel 
und wiſſen, daß vor uns der große Wald liegt, den, Gott ſei Dank, 
wir Ziviliſierten noch immer nicht zu Ende kennen, jetzt, vierhundert 
* 116 * 
  
—SkS
	        
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