Full text: Das Urwaldschiff

  
   
ein heidniſches Weib mit vorſtehenden Hüften, faſt häßlich in ihrer 
barbariſchen Nacktheit. Sie lächelt ihn an, doch ihre Augen ſind hart 
und grauſam, ſo blickte ſie, als ſie den Speer ſchwang, den Fiſch zu 
ſpießen. Sie kommt heran, ſpricht kein Wort, ihre Hände halten jetzt 
wieder die farbig verzierte Schale, ſie gibt ihm zu trinken, und wie ſie 
ſich über ihn neigt, betäubt ihn ein wilder Duft nach Blumen und 
Weib und Magie der geheimen Kräuter und Würzen; er trinkt, und 
während er trinkt, glaubt er Pedro aufſchreien zu hören, und Miguelito 
lacht laut und drohend, und alles verſinkt. 
Dann weiß er, das Weib, das ſich über ihn neigt, iſt die Jugend⸗ 
geliebte, iſt Ana. Zum erſtenmal ſagt ſie, daß ſie ihn liebt, ſagt es in 
heißen und haſtigen Worten, in der Tupi⸗Sprache der Waldindianer. 
Da fühlt er ſich ruhig und ſicher, es iſt alles gut, er atmet ruhig in 
dieſer weiblichen Nähe, wie ein fieberndes Kind, das die Mutter nahe 
fühlt. Dann riecht er die Orchideen, fährt heftig empor: das iſt nicht 
Ana, das iſt eine andere, ein Weib, das mit Speeren nach Fiſchen ſticht, 
er weiß, eine andere — — Er ſtarrt ihr entgegen, jetzt kennt er ſie: 
Coniapuyaral 
Er ſchrickt zuſammen, er fürchtet ſich, dann ſieht er den freundlichen 
Blick, das beſorgte Geſicht. 
Francisco,“ ſagt ſie, „Francisco!“ 
Jetzt iſt ihm leichter, die Nebel zerſtreuen ſich, für kurze Minuten 
iſt er kein krankes Kind, iſt Don Francisco de Orellana, ein Kapitän, 
ein Hidalgo vom alten Blut... Sie ſieht das Licht, das ihm nun aus 
den Augen ſcheint, und nun auf einmal ſtreckt ſie mit krampfhafter 
Geſte dem hilfloſen Kranken die Arme entgegen, als ſuchte ſie Schutz 
bei ihm. 
„Francisco,“ ſagt ſie, „wach' auf, Francisco, du mußt aufſtehen, 
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