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ſeine Finger befühlen die bunten Schnüre. Francisco de Orellana aber
erhebt die Hand:
„Auf dieſem Floß fährt ein Spanier doch nach Manoa, Freund Mi⸗
guelito! Bei der heiligen Mutter von Guadelupe, noch heute hiſſe ich
dort das goldene Banner des Kaiſers, und das Kreuz erhöhe ich in
dem Heidentempel.“
„Ein Spanier fährt auf dem Floß nach Manoa,“ ſagt jener, „und
am Steuer ſteht Chascal“ Er ſchweigt und hebt vom Boden ein Ruder,
eine kunſtvoll geſchnitzte Pagaie, und knüpft die Knotenſchnur Quipu
daran, ſie flattert wie eine Fahne.
„Dich aber“, ſagt Orellana, „ermahne ich bei deiner heiligen Taufe
und deinem Vaſalleneid, die rebelliſchen Reden zu laſſen und deinen
heidniſchen Irrtum. Ein Floß fährt nach Paytiti, ein chriſtlicher Ritter
iſt drauf, ſein gutes Schwert iſt bei ihm, und du lenkeſt das Steuer;
ſo bringſt du das Kreuz und Raſtiliens Fahne nach Paytiti, weißt du
das nicht, Miguelito? Wenn du es nicht weißt, wenn du's nicht be⸗
dacht haſt, was bringſt du mich nach Manoa?“
„Das,“ ſagt ihm Chasca und ſchwenkt ſein buntes Knotengeſpinſt
in den Morgenwind, „das ſagt dir heute noch in Manoa der Goldene.“
Er wendet ſich ab, gegen Oſten, wo über den Hügeln die Sonne auf⸗
ſteigt. „Pntil“ ſagt er. „Pntil“ ſingt er, der Sonne entgegen.
Und Coniapuyara, die bisher ſo Stille, fällt plötzlich mit ein in das
Sonnenlied: „Pntil Pntil“ Sie rafft ihren Bogen auf, einen weiß⸗
gefiederten Pfeil legt ſie auf die Sehne und ſchießt ihn oſtwärts gegen
die ſteigende Sonne.
Der Ritter, Francisco de Orellana, bekreuzigt ſich. Er möchte auf⸗
ſchreien, den Heidengeſang der beiden hindern, er kann es nicht, ſein
Blick iſt gebannt, er folgt dem weißen Pfeil, der da oſtwärts fliegt,
in den gelben Glanz am Geſtade des Sees; und auf einmal, in
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