Full text: Herbsttage in Andalusien

Die Stadt der Grazie. 109 
zu Feines, als daß es ſich bei einem ſo flüchtigen Rundgange 
offenbarte; das will ſtudiert ſein. Die Farbenpracht des 
Alkazar dagegen, namentlich wirkend durch den Gegenſatz zu 
ſeinem unſcheinbaren Äußeren, iſt etwas unmittelbar Über⸗ 
wältigendes. Wie mit herrlichen orientaliſchen Teppichen in 
leuchtenden Tinten ſind die Wände dieſer Hallen und Säle 
überzogen. Die wunderbaren Verſchlingungen der farbigen 
Arabesken verfolgt das Auge zunächſt nicht, ſondern es hat 
nur den berauſchenden Eindruck des üppigen, aber ſchön— 
geſtimmten Durcheinanders von blinkendem Gold, von roten 
und blauen, grünen und weißen Linien, Schildern, Füllungen, 
Blättern und Schriftzügen. Prächtig iſt die Abwechslung 
und Abtönung der einzelnen Zimmer gegeneinander. Den 
Höhepunkt der Räume bildet für mich der Geſandtenſaal, 
die größte Halle, in Rot und Gold gehalten und oben 
mit einem der ſchönſten Beiſpiele jener von den 
arabiſchen Baumeiſtern ſo gern angewendeten Kuppeldecken 
bekleidet, die als media naranja, d. h. halbe Orange, be⸗ 
zeichnet werden. Aus der Mitte dieſer Kuppeldecke wächſt 
noch eine zweite, höhere hervor, gebildet von dem köſtlichen 
Stalaktitenwerk, mit dem die Araber ihren Räumen das An— 
ſehen idealiſierter Tropfſteingrotten zu verleihen wiſſen. Von 
der Pracht dieſes Raumes hatte ich den Eindruck, als ſei ich 
wirklich in einer jener Zauberhöhlen, die die Lampe Aladins 
in den Tiefen der Erde erſchließt, und deren Wände von 
Gold und Diamanten, Saphiren und Rubinen gebildet ſind. 
Wie weit dieſer Eindruck einer öfteren Prüfung Stand ge— 
halten hätte, vermag ich nicht zu ſagen, ich habe ihn aber 
und halte ihn feſt im dankbaren Gedächtnis. 
Höchſt geſchmackvoll wirkt der Umſtand, daß die beiden 
Lichthöfe, um die ſich die Zimmer gruppieren, im Gegenſatz 
zu den buntfarbigen Innenräumen farblos gehalten ſind, 
  
 
	        
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