126 Kapitel VII.
39 Metern); zwei mehrſtöckige Deckbauten ſtiegen vorn und
hinten empor, ſehr hübſch verziert mit gotiſch gehaltener Holz⸗
ſchnitzerei und bunten Wappen; das Hinterdeck trug über dem
Steuer ein Gemälde der Madonna, der stella maris. An
Bord war es mit kleinen Kanonen altertümlicher Form aus—
gerüſtet, und von den ſehr niedrigen Innenräumen hatte man
den bequemſten ſo auszuſtatten verſucht, wie ihn Kolumbus
möglicherweiſe gehabt haben mag, mit altertümlichem Kompaß,
Aſtrolabium, Jakobsſtab u. a. m., auch die rote Decke auf
dem Bett war vorhanden, von der, wenn ich nicht irre, Las
Caſas erzählt. Die Bemannung des Schiffes betrug 62 Mann
und ſie dirigierte ihr Fahrzeug hier auf dem Rio Odiel mit
großer Gewandtheit. Die Pinta war dem Admiralsſchiff im
kleinen ganz ähnlich, die Nina dagegen beſaß kein Vorderdeck.
Dieſe beiden ſahen recht unſicher aus, und daß die Einwohner
von Palos es mit dieſen Schifflein gewagt haben, dem Führer
auf ſeiner myſteribſen Fahrt ins Unbekannte zu folgen, darf
man billig beſtaunen.
Aber wie? was treibt denn dort auf den Wellen für ein
ſeltſamer ſchwarzer Kaſten, wie ein flottgemachter Sarg, dem
man ein kleines dreieckiges Segel aufgeſetzt hat? — Das iſt
das ſtolze Meerſchiff des Kapitäns Andrews, des wunderlichen
Heiligen, der in dieſer winzigen, etwa vier Meter langen,
mit ſchwarzgeteertem Segeltuch überkleideten Kiſte von Amerika
über den Ocean zum Feſte herübergeſchwommen iſt. Die
Bevölkerung von Huelva hat ihn, als er ankam, im Triumph
anf ihren Schultern durch die Straßen getragen. Aber auch
den blaſierteſten ün de siècle-Menſchen muß ſeine Perſönlich—
keit belehren, daß es doch noch Leute giebt, die ihr Leben
für ideale Zwecke in die Schanze ſchlagen. Denn, wie er
ſagt, unternahm er dieſe Fahrt erſtens, um zu erweiſen, was
menſchliche Kraft unter dem Beiſtand Gottes über die Ele—