Mittelmeerfahrt. 29
Es iſt uraltes Kulturland, was hier vor uns lag; bis zu
den Phöniziern vermag ein Teil dieſer Ortſchaften, die bald
lang hingezogen an der Küſtenlinie, bald mehr zuſammen—
gedrängt und weiter ins Innere hinaufgreifend, herüber—
glänzten, ihren Urſprung zurückzuverfolgen. Einige, wie Adra,
Malaga, tragen noch heute in geringer Umwandlung ihren
uralten phöniziſchen Namen. Sie blühten bereits, als an
der Stätte der „ewigen“ Roma im Schilf des Tiber noch die
Ureltern der Wölfin hauſten, die ſpäter Ammendienſte bei
Romulus und Remus verrichten ſollte. Aber auch aus den glück—
lichen Tagen der Römerherrſchaft bewahrt das Land noch
bedeutſame Reſte, und die Spuren der mauriſchen Zeit vollends
ſind wie von geſtern. Einſam am Uferſaum ragen die alten
arabiſchen Warttürme, die Atalayas, reizvoll auf vorſpringen—
den Hügeln die ritterlichen Kaſtelle, die Burg von Rabita
de Albuñol, das Caſtillo de Ferro, und wie ſie alle heißen.
Dort jenes Städtchen iſt Amuñecar, wo der kühne Sohn des
Moawija, Abderrachman, der Omaijade, zum erſtenmal den
Boden Spaniens betrat. Unfern davon erſcheinen auch, weit—
hin ſichtbar, die Ruinen des alten Schloſſes von Torrox, wo
er die erſte Aufnahme fand. Er iſt eine der intereſſanteſten
Perſönlichkeiten der Weltgeſchichte, dieſer Mann, den der
furchtbare Gegner ſeines Geſchlechtes, der Abaſſiden-Kalif
Manßur, ſelber bewundernd als den „Falken des Korei—
ſchiten-Stammes“ bezeichnet hat; ein Typus jener Eroberer—
Naturen, in deren Weſen ſich Fatalismus und perſönliche
Aktivität in merkwürdiger Weiſe miſchen. Die Herrſchaft der
Omaijaden iſt zertrümmert, die Angehbrigen und Anhänger
der Familie werden wie wilde Tiere allenthalben gehetzt und
getötet, er ſelbſt eilt als irrender Flüchtling in Verkleidungen
von Land zu Land bis in den äußerſten Weſten Nordafrikas,
aber im Herzen lebt ihm der ſtolze Glaube an ſeinen Stern,