Full text: Was muss der Ansiedler in Südbrasilien notwendig wissen?

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Benutzung pflanzt man zwiſchen die Maisſtauden ſchon das zur Raſenbildung 
geeignete Futtergras. Die erſte Einfriedigung geſchieht meiſtens mit dem vom 
Waldſchlagen noch übrigen Holz, das zu Latten und Pfählen zerſpalten wird. 
Dieſes erſte, noch kleine Portreiro wird von Jahr zu Jahr vergrößert, ſpäter der 
Holzzaun durch ſolide Steinmauer erſetzt, ſo daß ein folcher mit Steinmauern 
eingefaßter Weideplatz, der oft eine Ausdehnung von 5—10 Hektar hat, ſchon 
für ſich allein ein kleines Vermögen darſtellt. Das kurze, nahrhafte Gras, 
welches dieſe Weide Jahr aus Jahr ein dem Vieh bietet, genügt freilich allein 
nicht für Milchkühe, Arbeits- und Reittiere. Das Hauptkraftfutter für dieſe iſt 
der Mais, welcher hier den Hafer erſetzen muß. Dazu kommen die verſchiedenſten 
Arten von Grünfutter, wovon man faſt zu jeder Zeit des Jahres Vorrat hat, 
wie Klee, Wicken, Hafer, Zuckerrohr, grüner Mais, Maisgipfel, Batatenranken 
und anderes mehr; dazu kommen die ſtets im Boden friſch vorrätigen Knollen— 
gewächſe wie die Mandiokwurzel und die ſüßen Bataten, ſelbſt die edle Palme 
gibt ihre Blätter her, damit ſie im Winter als kräftiges Futter dienen. Wer 
ſich Mühe gibt, kann auch mit Leichtigkeit Trockenfutter für den Winter beſorgen, 
ſo z. B. von dem Stroh der Erdnüſſe oder des Reiſes. Natürlich ſteht Klee— 
heu als Trockenfutter obenan. Aus dieſer kurzen Aufzählung der verſchiedenen 
Futterarten erſieht man, daß die Viehhaltung hier zu Lande viel leichter iſt, als 
in Deutſchland mit ſeinen 5 Wintermonaten. Futtermangel tritt hier nur ein 
bei großem Mißwachs, hervorgerufen durch lang anhaltende Trockenheit oder 
durch die Heuſchreckenplage; beides gehört aber zu den Ausnahmeerſcheinungen. 
s. Die Cierwelt. 
Nicht ſelten kommt's vor, daß friſche Einwanderer, beſonders wenn es 
Städter ſind, mit einer ganzen Jagdausrüſtung hier eintreffen. Dieſe Leute ſind 
arg auf dem Holzweg! Sie haben vielleicht etwas von dem braſilianiſchen 
Urwald und den indianiſchen Jagdgründen geleſen und ſich daraus ein aben— 
teuerliches Bild von der hieſigen Jagd gemacht. Zum Nutzen und Frommen 
dieſer Leute wollen wir daher zum Schluſſe noch einige Bemerkungen über die 
hieſige Tierwelt hinzufügen. An eine regelrechte Jagh wie in Eüropa iſt im 
Koloniegebiet nicht zu denken. In den mit Dorngeſtrüpp und Schlingpflanzen 
verwachſenen Wald kann der Jäger nur auf ſogenannten „Jagdpiken“ voͤrdringen 
und auch da begegnet ihm nur ſelten eine Beute; auf das offene Feld verirrt 
ſich aber faſt nie ein Wild. Auch der Fiſchfang iſt nur an einigen größern 
Flüſſen einträglich. Wer alſo meinte, hier von Jagd und Fiſchfang leben zu 
können, der müßte ſich auf eine Hungerkur gefaßt maächen. 
An größern Raubtieren kommt hier der Jaguar, hier Tiger genannt, 
und der Puma oder Silberlöwe vor. Beide Raubtiere ziehen ſich aber bald 
vor dem Anſiedler in das Innere der Urwälder zurück; auch greifen ſie ſelten 
den Menſchen an, außer wenn angeſchoſſen. Mehr Schaden fügt dem Federvieh 
die Tigerkatze, die kleine wilde Katze, der Rapoſa und der Gamba zu. Die 
beiden letztern ſind den Mardern ſehr ähnlich. Es iſt daher dem neuen An— 
ſiedler zu raten, ſeine Hühner bei Nacht in einem dicht mit Latten geſchloſſenen 
Hühnerſtall unterzubringen. Auch ein gewöhnliches Jagdgewehr, mit Schrot ge— 
laden, ſollte in keinem Koloniſtenhauſe fehlen, um ſich gegen die frechen Hühner— 
diebe verteidigen zu können. Nur muß eine ſolche Waffe ſo aufbewahrt werden, 
daß Kinder nicht daran kommen können. Es vergeht kaum ein Monat, wo man 
nicht in den Zeitungen von Unglück lieſt, welches von Kindern durch geladene 
Waffen angeſtellt werden.
	        
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