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Ernst Jo@l und Fritz Fränkel: Der Cocainismus.
nasale Applikation darf auf das erstmalige Rezept nur dann erneut abgegeben werden,
wenn die Gesamtmenge Cocain in der betreffenden Zubereitung 0,03 g nicht übersteigt
(Bundesratsbeschlüsse vom 13. 5. 1896, 22. 3. 1898, 6. 2. 1908, Reichsratsbeschluß vom
12. 2. 1922). Cocain darf außerhalb der Apotheken nicht feilgehalten oder verkauft werden.
Dieser Bestimmung unterliegt der Großhandel nicht (Kaiserl. Verordnung vom 22. 10. 1901,
Reichsgesetzblatt 1901, S. 380). Durch Reichsgesetz vom 30. Dezember 1920 (Reichs-
gesetzblatt 1921, S. 2) ist Deutschland dem internationalen Opiumabkommen vom Januar
1912 beigetreten. Danach unterliegen neben den Opiaten auch das Cocain, sowie alle Zu-
bereitungen, die mehr als 0,1°/, Cocain enthalten, hinsichtlich der Einfuhr und Ausfuhr,
der Herstellung und der Verarbeitung, sowie des Verkehrs einer behördlichen Aufsicht, die
durch das Reichsgesundheitsamt ausgeübt wird.
Das Reichsgesundheitsamt ist berechtigt, die Örtlichkeiten, in denen die ... genannten
Stoffe und Zubereitungen hergestellt, verarbeitet, aufbewahrt, feilgehalten oder abgegeben
werden, zu besichtigen.
Auf Verlangen ist ihm über Ort, Zeit und Menge der Ein- und Ausfuhr, über die Person
des Lieferers oder Empfängers, sowie über alle, den Verkehr mit diesen Stoffen und Zu-
bereitungen betreffenden Fragen Auskunft zu erteilen und Einsicht in die geschäftlichen
Aufzeichnungen und Bücher zu gewähren.
Weitere Bestimmungen des Gesetzes regeln die Erteilung einer besonderen Erlaubnis
für Herstellung und Verarbeitung der betreffenden Stoffe, die befristet versagt und wider-
rufen werden kann. Sie betreffen fernerhin die Notwendigkeit eines Bezugsscheines, der auf
Antrag von der unter Aufsicht des Reichsgesundheitsamtes stehenden Opiumstelle ausgestellt
wird, genauer Buchführung über Bestand, Ein- und Ausgang, Verarbeitung, sowie über den
Lieferer und Empfänger der betreffenden Gifte. In Apotheken darf Cocain ohne die oben-
erwähnte besondere Erlaubnis jedoch nur als Heilmittel erworben oder abgegeben werden,
Die Ausfuhr nach jenen Ländern, die dem internationalen Opiumabkommen beigetreten
sind, darf nur unter Beachtung der Bestimmungen erfolgen, die von dem Einfuhrland für
die Einfuhr dieser Stoffe erlassen sind.
Wer gegen diese Bestimmungen verstößt, wird, sofern nicht nach anderen St rafgesetzen
schwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängnis bis zu 6 Monaten und mit Geldstrafen bis zu
10.000 M. oder mit einer dieser Strafen bestraft. Neben der Strafe kann auf Rinziehung der
Gegenstände, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, erkannt werden, ohne Unter-
schied, ob sie dem Täter gehören oder nicht.
Eine Ausführungsbestimmung zu dem soeben erwähnten Reichsgesetz datiert vom
26. Februar 1921 (Reichsgesetzblatt 1921, 8. 203). Sie setzt fest, daß die Erlaubnis zur Her-
stellung und Verarbeitung, sowie zum Handel mit den im Gesetz genannten Stoffen möglichst
nur chemischen Großfirmen erteilt werden soll, und daß außer der persönlichen Zuverlässig-
keit des Nachsuchenden auch die Bedürfnisf vge zu prüfen ist. Zwecks genauer Kontrolle
des Verbleibs der betreffenden Substanzen wird bestimmt, daß der durch die Opiumstelle
geprüfte Bezugsschein an den Lieferer weitergegeben werden und von ihm als Beleg Ver-
wendung finden soll. Die Prüfung für Bin- und Ausfuhr unterliegt der gemeinsamen Prüfung
des Reichskommissars für Ein- und Ausfuhrbewilligung sowie dem Reichsgesundheitsamt,
Eine Reihe von landesgesetzlichen Bestimmungen setzt die ausführende Behörde für das
Reichsgesetz fest, einige Länder haben erneute Erinnerungen dieses Gesetzes und seiner Aus-
führungsbestimmungen erlassen, um der Gefahr einer Weiterverbreitung des Cocainmiß-
brauchs vorzubeugen.
Ein Erlaß des preußischen Ministers für Volkswohlfahrt vom 18, 4, 1922 weist auf die
Notwendigkeit hin, die Abgabe von starkwirkenden Arzneien durch die Dentaldepots an die
Zahnärzte und Zahntechniker besonders zu überwachen.
Von einem Abdruck uns vorliegende: ausländischer Statistiken über Ein- und Aus-
fuhr sowie über den Verbrauch des Cocains sehen wir wegen ihrer Unzulänglichkeit ab.