Full text: Der Cocainismus

Der Cocainismus, 53 
auch Leppmann bestätigt, der mehrere straffällige Cocainisten zu begut- 
achten hatte. 
In strafrechtlicher Beziehung kann der Cocainist mit dem Gesetz vor allem 
wegen Betruges (Rezeptfälschungen) in Konflikt kommen. Das Urteil des 
Psychiaters über seine Verantwortlichkeit kann nicht summarisch festgelegt 
werden. Sind die Handlungen im abstinenten Stadium begangen, so wird, das 
Gutachten die Verantwortlichkeit ausschließen, wenn es sich um schwere 
Cocainisten handelt, besonders um Spritzer. Überall da, wo der Cocain- 
handel in Blüte steht, werden diese Vergehen häufiger in gewinnbringender 
Absicht bei klarem Bewußtsein ausgeführt, und der Sachverständige hat alle 
Veranlassung, genau zu prüfen, ob der vermeintliche Cocainist nicht nur ein 
Coeainhändler ist, der als Trick seine Sucht vorschützt. So versuchte sich 
noch vor Ausführung einer größeren Schiebung ein Händler von uns ein Attest 
über seine verminderte Zurechnungsfähigkeit zu verschaffen. Allerdings sind 
die meisten Cocainhändler auch Cocainisten, und so kann mitunter die Ent- 
scheidung, ob reine Gewinnsucht oder triebhafter Drang Veranlassung des 
Vergehens waren, recht schwierig sein, und das Urteil wird in solchen Fällen 
davon abhängen, inwieweit die Symptome des Cocainismus sich nachweisen 
lassen bzw. als bestanden habend erschlossen werden. 
Für Handlungen, die im Rausch und Delirzustand begangen wurden, wie 
Gewalttaten von harmloser Körperverletzung bis zum Hausfriedensbruch, 
Mord usw., muß die Zurechnungsfähigkeit wohl in den meisten Fällen in Zweifel 
gezogen werden. Selbst wenn der Betreffende Bewußtsein während. seiner 
Tat zugibt und volle Erinnerungsfähigkeit hat, dürften ein halluzinatorisches 
Erlebnis, wahnhafte Beziehungsideen oder andere Wahnvorstellungen als Motiv 
der Handlung meist nachweisbar sein, auch wenn zur Zeit der psychiatrischen 
Untersuchung die Symptome des Cocainismus nicht mehr vorhanden sind. 
Es ist eben die Amnesie ebenso wie die Bewußtseinstrübung im Cocainrausch 
viel seltener, auch geringer als bei den pathologischen Alkoholvergiftungen. Für 
die Frage, ob ein Rausch bestanden hat, ist nicht die Höhe der Giftzufuhr, 
sondern das psychische Verhalten entscheidend. Der Rausch selbst kann als 
Fahrlässigkeitsdelikt beurteilt werden, besonders bei solchen, welche die Gift- 
wirkung kennen (Schultze, 1. e.). Auch die Beeinflußbarkeit des Cocainisten, 
besonders bei Verfehlungen gegen den $ 175, muß in Betracht gezogen werden 
und zu seiner Freisprechung führen, wenn sie glaubhaft nachgewiesen wird; 
ebenso wird darauf zu achten sein, ob die Straftat dem Charakter und der Lebens- 
führung des Täters entspricht oder ihm wesensfremd ist (Oppe). Kommen 
Vergehen zur Aburteilung, die weniger unter der akuten Giftwirkung entstanden 
sind, als vielmehr ein Ausdruck der moralischen Enthemmung des chronischen 
Cocainisten sind, so wird die Zurechnungsfähigkeit doch als vermindert 
bezeichnet werden müssen. Wichtig ist unter Umständen Entmündigung, 
damit Fälle vermieden werden, wie Ilberg einen berichtet, daß ein Arzt im 
Cocainrausch seine Frau tötet und nach Abklingen der akuten Erscheinungen 
weiter praktiziert und vielen Kranken Cocain verschreibt. 
In ähnlicher Weise hat die zivilrechtliche Beurteilung des Cocainisten zu 
erfolgen. Handlungen im Cocainrausch, Geschenke, Verkäufe, Verlöbnisse 
müssen als nichtig angesehen werden gemäß $ 105, II. BGB. Dem chronischen 
Cocainisteen muß die Geschäftsfähigkeit abgesprochen werden. Ihn zu
	        
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