Rund um die Insel. 97
Til und Vinatico, sind den mediterranen ähnlich, doch zeichnen
sie sich durch bedeutendere Größe und größeres, mehr glattes
und glänzendes Laub aus. Namentlich erreichen die Blätter des
Vifiatico außerordentliche Dimensionen. Die Blattformen erinnern
mehr an die des subtropischen Regenwaldes als an die des
mediterranen, und ähnliche Waldphysiognomien finden sich jetzt
in Japan, Südchile, der Kapkolonie, Neuseeland und im Hoch-
gebirge der Tropen. Am Ende der Tertiärzeit war dieser Wald
in Europa weit verbreitet, und von dort aus hat nach Schimper,
dem ich hier folge, die Besiedelung der Kanaren mit Wald-
bäumen stattgefunden. Doch konnten nicht alle Arten des
tertiären europäischen Waldes nach den Kanaren gelangen,
sondern nur diejenigen, deren Samen die Fähigkeit zur Ver-
breitung hatten. Der tertiäre europäische Wald war daher
mannigfaltiger als der kanarische, in welchem Wallnußbäume,
Platanen, Ahorne, Hülsenfrüchte und Eichen fehlen. Von den
kanarischen Waldbäumen war der Loro bereits in den miocänen
Wäldern bei Lyon sehr häufig, während der mediterrane Lorbeer
(Laurus nobilis) damals noch fehlte und erst im Pliocän und
Quartär auftrat. Auch der Barbusano, der Til und die kanarische
Stechpalme stammen aus dem europäischen tertiäiren Wald und
haben sich seit der Pliocänzeit fast unverändert auf den Kanaren
erhalten, während sie in der großen Revolution des Festlandes
zugrunde gingen. Dagegen hat der Vifatico, die schönste
Lorbeerart der Kanaren, ihre nächsten Verwandten jetzt im
tropischen Amerika und ist auch von dort nach den Inseln
gelangt. Die Verbreitung der Samen dieser Bäume erfolgte nach
Schimper durch Vögel des pliocänen Waldes, die sich von den
saftigen Beeren ernährten, deren Samen an ihrem Gefieder hängen
blieben. Der kanarische Lorbeerwald beherbergt jetzt zwei en-
demische Tauben (Columba laurivora und Columba bollei), und
deren Vorfahren vermittelten daher wahrscheinlich den Transport.
Ganz vereinzelt werden auch Vögel der Antillen durch Stürme
nach den kanarischen Inseln verschlagen worden sein und so
einige Bestandteile des Waldes, wie den Til, geliefert haben.
Während und nach der Eiszeit hörte die Besiedelung der Inseln
von Europa her infolge der Klimaänderung auf, und nur einzelne
Nachzügler, wie die Baumheide, deren kleine Samen durch Wind
oder an Vögeln hängend verbreitet wurden, folgten noch. Der