142 Walther May, Gomera.
immer noch, und in der (regend des neuen Vulkans wurden so
pestilenzialische Dünste ausgehaucht, daß ein Mensch, viele Vögel,
Kaninchen und 27 Ziegen davon erstickt wurden. Erdbeben
währten abwechselnd noch fort, und Lavaströme brachen aus
einigen Öffnungen hervor. Alle diese Erscheinungen endeten
völlig am 2ı. Januar.
Der neue Vulkan, von dem hier die Rede ist, ist noch jetzt
in seiner ursprünglichen Gestalt vorhanden, wenn er auch nicht
mehr raucht. Ich machte am Abend meiner Ankunft in Fuen-
caliente einen Abstecher dorthin und kletterte über den schwarzen
(srusboden bis zum Gipfel, um in die Tiefe des Kraters hinab-
zublicken. Es war dies für mich ein ganz neues Schauspiel, das
mich sehr entzückte, denn ich hatte noch nie einen Krater gesehen.
Der Vulkan, Montafa de Fuego genannt, ist etwa 700 m hoch,
der Krater gegen ı00 m tief. Die äußeren Schichten bestehen
aus losen Lapillen und Aschenteilchen, die nur da fester zusammen-
halten, wo sie durch saure Dämpfe zersetzt sind. An einzelnen
Stellen sind ganze Schichten solcher Fragmente zersetzt und
durch eine weiße, kristallinische Masse, wahrscheinlich Gips,
verkittet. Zacken solcher weißen Massen ragen auch am oberen
Kraterrand empor. Das Innere des Kraters zeigt alle möglichen
Farben, die durch die zersetzende Einwirkung der heißen Dämpfe
auf die Schlacken- und Tuffschichten bedingt sind. In den
Spalten des Kraters findet man Schwefelkristalle, und einige
Schlacken enthalten Gipskristalle; auch findet man Chrysolith-
kugeln, die nur wenig durch die Wirkung der Feuers verändert
worden sind. In dem Krater wachsen nur ein paar Kräuter, die
der Labiatengattung Micromeria angehören, und einzelne ver-
krüppelte Kiefern. Von seinem Rand aus hatte ich einen schönen
Blick auf das Dorf, das Meer und den Leuchtturm an der Süd-
spitze der Insel, bis gegen halb sechs Uhr sich die Landschaft
in dichten Nebel einhüllte.
Als ich mich spät am Abend in meinem Hlühnerstall zur
Ruhe begeben wollte, wurde ich durch Guitarrespiel und Gesang
im Nebenzimmer am Schlafe verhindert, und ziemlich ermüdet
setzte ich am nächsten Tag meine Fußwanderung längs der
Westküste der Insel bis Los Llanos fort. Die Straße führt an
der Kirche San Antonio, die malerisch am Rande des Pinars
gelegen ist, vorüber und dann fast zwei Stunden lang durch