148 Walther May, Gomera.
daß die Regenwasser, vielleicht in Verbindung mit Erdbeben, im
Laufe langer Zeiträume einen so ungeheuren Kessel wie die
Caldera aushöhlen konnten, wenn auch wahrscheinlich nicht von
derselben Form. Aber gewisse Eigentümlichkeiten der Caldera
und des Barranco de las Angustias scheinen ihm besser durch
die Annahme einer marinen Erosion erklärt werden zu können.
Namentlich weist er darauf hin, daß das Nordufer des Barranco
viel höher ist, als das Südufer und von einer steilen Felswand
Blick über die Ebene von Los Llanos in den Barranco de
las Angustias
gebildet wird, die wohl eine alte Seeklippe darstellen dürfte. Ein
Fluß würde auf beiden Seiten gleichhohe Ufer erzeugt haben.
Der englische Geologe vermutet, daß das Meer sowohl durch die
Cumbrecita als durch den Barranco de las Angustias in die Caldera
eindrang und diese in ähnlicher Weise erfüllte wie jetzt noch den
Krater der St. Paulsinsel im indischen Ozean.
Fin bedeutungsvoller Fortschritt in bezug auf die Lösung
des Calderaproblems wurde im Jahre 1861 durch die Schrift von
Reiß über die Diabas- und Lavenformation der Insel Palma her-
beigeführt. Ihr Verfasser verwirft nicht nur die Erhebungskrater-
theorie Buchs, sondern auch die Ansicht Lyells, daß die Caldera
ursprünglich den Eruptionskrater eines vulkanischen Kegels dar-
stellte, der durch Einsturz und Erosion erweitert wurde. Nach
Reiß muß das Calderagebirge ursprünglich ein Gebirgsdom mit