6 Walther May, Gomera.
für die Neger und Negerinnen nach dem dunkeln Erdteil ver-
frachtet werden.
Als ich zum letzten Mal in den Straßen von Rotterdam
umherwanderte, wurde ich abends von einem so dichten Nebel
überrascht, daß ich mich nur mit Schwierigkeit zu dem Fährboot
zurückfinden konnte. Im Hafen hörte man von allen Seiten ein
ohrenzerreißendes Tuten, Pfeifen und Läuten, die einzigen Mittel,
durch die das kleine Fahrzeug seine Bahn zurücklegen konnte.
Ich war froh, als ich glücklich wieder an Bord des »Hans« an-
gelangt war, der am Freitag, den 8. November, früh a yi
gerade acht Tage nach seiner Abfahrt von Hamburg, den
Rotterdamer Hafen verließ, das Pulver in der Maas wieder
einnahm und dann bei schönstem Wetter dicht an dem Leucht-
turm von Hoek van Holland vorbei in die Nordsee hinausdampfte.
Die Mondsichel glänzte am Himmel, und ich stand an der Spitze
des Schiffes und schaute gedankenvoll in die Ferne über die
endlose Wasserfläche, die sich vor mir ausbreitete,
Am 9. und ı0. November passierten wir den Kanal bei
heiterem Himmel und ruhiger See. Von den gefürchteten Nebeln
dieses Wasserarmes blieben wir verschont. Als wir auf der
Höhe der Insel Wight angekommen waren, umtanzte eine Schar
Delphine das Schiff, über deren possierliche Sprünge sich die
Passagiere, die sie für Haifische hielten, halb tot lachen wollten.
Am Sonntag, den 10. November, wurde gegen ıo Uhr früh die
Insel Ouessant mit ihrem Leuchtturm sichtbar, und vier Signal-
flaggen wurden an der Spitze unseres Schiffes gehißt. Wir
fuhren nun fast zwei Tage an der Mündung des Golfes von
Biskaya entlang, ohne jedoch weder von seinem Golfcharakter
noch von seinen berüchtigten Stürmen etwas zu bemerken. Wir
sahen nichts als Himmel und Wasser, und die See war, von der
Dünung abgesehen, sehr ruhig. Auch hier bemerkten wir
wieder Delphine am Bug des Schiffes. Die Höhe der Straße
von Gibraltar wurde am ı3. November gegen sechs Uhr abends
erreicht, und am nächsten Tag fuhren wir längs der marok-
kanischen Küste hin, ohne jedoch etwas von ihr zu schen.
Plötzlich tauchte gegen vier Uhr die Insel Porto Santo wie ein
verzaubertes Eiland an Steuerbord aus dem Meere auf, und wir
genossen zwei Stunden lang den Anblick ihrer scharf umrissenen,
spitzen, kegelförmigen 3erge und kleinen vorgelagerten Felsen,