Full text: Eine Reise nach Mexiko

scharfem Ueberholen des Schiffes mit seinem Stuhl glatt um. Mein 
Nachbar stellte schon immer seine Weinflashe unter den Tisch 
und sagte: „Der soll uns hier kontrollieren und, wenn er zurück= 
kommt, werden wir in der Steuer besonders hochgenommen; na, 
in Deutschland ist in steuertechnisher Hinsicht alles möglih. Er 
hat aber nicht viel Glük auf der Rio Panuco, denn es wird dort 
entgegen sonstigen ÖOzeanfahrten, wie man allgemein hört, sehr 
mäßig gelebt. 
Im übrigen war dieser Zusammenbruch auch im ganzen Speise- 
saal zu merken, denn es fielen Gläser um, eine ganze Schüssel mit 
Steinbutt saußte unter einen Tish und verschiedene Passagiere, 
darunter ein zwölfjähriges Mädchen, machten auf ihren Stühlen eine 
längere Rutschpartie und befanden sich mit einem Mal als Gäste an 
einem anderen Tish. Alfes lachte natürlih, denn an der Tafel 
sitzen nur noch die Seefesten, wogegen mancher und manche einsame 
Stunden in der Kajüte verbringen. 
Die Dünung wurde in der Nacht noch stärker, es sollen an der 
amerikanishen Küste erhebliche Stürme geherrscht haben, und lange 
Wellentäler und »berge sorgen dafür, daß wir in lebhafter Bewegung 
bleiben. Seit heute mittag haben wir weiße Kämme, und man 
muß schon ein tüchtiger Jongleur sein, wenn man einen Spaziergang 
auf dem Promenadendek machen will. Für die übrigen heißt es: 
„Immer an der Wand lang, immer an der Wand lang” — also 
sih am Geländer festhalten. Es geht seit gestern abend mit 
Backen und Banken: Erhöhte Tischränder, damit wenigstens das 
Gesdirr nicht von den Tischen rutsct. y 
Heute sahen wir zum ersten Mal wieder große Möven und 
Seeschwalben, die von den Azoren herüberkommen. Wir passierten sie 
in so großer Entfernung, daß wir sie auch mit dem Glas nicht entdecken 
konnten. Von den Unentwegten wird im Rauchzimmer und in der 
Laube Dauerskat gespielt, der Rest vergnügt sich mit Scuflebord=- 
spiel, spanisch lernen, Räubergeschichten erzählen, und vereinzelt 
wird auch mit den wenigen Damen geflirtet, die an Bord sind, und 
deshalb einen begehrten Artikel darstellen. 
Die Luft ist noch nicht wärmer geworden, trotzdem eine Hitze- 
welle von Nordamerika gefunkt ist, doch merken wir noch nichts 
davon, und mir ist es lieb so, denn Hitze werden wir noch genug 
bekommen, nur wäre es mir sehr angenehm, wenn es bald ruhiger 
würde, ih habe mich bisher tapfer gehalten und möchte nad Mög- 
lihkeit kein Explösionsrat werden. 
Seit gestern abend ist es wärmer, doch hat der Wind erheblich 
aufgefrischt, so daß wir eine steife Brise bei Windstärke 7—9 haben, 
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