scharfem Ueberholen des Schiffes mit seinem Stuhl glatt um. Mein
Nachbar stellte schon immer seine Weinflashe unter den Tisch
und sagte: „Der soll uns hier kontrollieren und, wenn er zurück=
kommt, werden wir in der Steuer besonders hochgenommen; na,
in Deutschland ist in steuertechnisher Hinsicht alles möglih. Er
hat aber nicht viel Glük auf der Rio Panuco, denn es wird dort
entgegen sonstigen ÖOzeanfahrten, wie man allgemein hört, sehr
mäßig gelebt.
Im übrigen war dieser Zusammenbruch auch im ganzen Speise-
saal zu merken, denn es fielen Gläser um, eine ganze Schüssel mit
Steinbutt saußte unter einen Tish und verschiedene Passagiere,
darunter ein zwölfjähriges Mädchen, machten auf ihren Stühlen eine
längere Rutschpartie und befanden sich mit einem Mal als Gäste an
einem anderen Tish. Alfes lachte natürlih, denn an der Tafel
sitzen nur noch die Seefesten, wogegen mancher und manche einsame
Stunden in der Kajüte verbringen.
Die Dünung wurde in der Nacht noch stärker, es sollen an der
amerikanishen Küste erhebliche Stürme geherrscht haben, und lange
Wellentäler und »berge sorgen dafür, daß wir in lebhafter Bewegung
bleiben. Seit heute mittag haben wir weiße Kämme, und man
muß schon ein tüchtiger Jongleur sein, wenn man einen Spaziergang
auf dem Promenadendek machen will. Für die übrigen heißt es:
„Immer an der Wand lang, immer an der Wand lang” — also
sih am Geländer festhalten. Es geht seit gestern abend mit
Backen und Banken: Erhöhte Tischränder, damit wenigstens das
Gesdirr nicht von den Tischen rutsct. y
Heute sahen wir zum ersten Mal wieder große Möven und
Seeschwalben, die von den Azoren herüberkommen. Wir passierten sie
in so großer Entfernung, daß wir sie auch mit dem Glas nicht entdecken
konnten. Von den Unentwegten wird im Rauchzimmer und in der
Laube Dauerskat gespielt, der Rest vergnügt sich mit Scuflebord=-
spiel, spanisch lernen, Räubergeschichten erzählen, und vereinzelt
wird auch mit den wenigen Damen geflirtet, die an Bord sind, und
deshalb einen begehrten Artikel darstellen.
Die Luft ist noch nicht wärmer geworden, trotzdem eine Hitze-
welle von Nordamerika gefunkt ist, doch merken wir noch nichts
davon, und mir ist es lieb so, denn Hitze werden wir noch genug
bekommen, nur wäre es mir sehr angenehm, wenn es bald ruhiger
würde, ih habe mich bisher tapfer gehalten und möchte nad Mög-
lihkeit kein Explösionsrat werden.
Seit gestern abend ist es wärmer, doch hat der Wind erheblich
aufgefrischt, so daß wir eine steife Brise bei Windstärke 7—9 haben,
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