Carlos Blixén.
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in fest eingewurzelten Vorurteilen, im fanatischen Fest-
halten an den durch die Jahrhunderte geheiligten Úber-
lieferungen vielleicht auch in einer verschiedenen Autf-
fassung von menschlichem Gliúek und dem Zweck seines
Daseins seinen Ursprung hat. Sie gleichen gewisser-
mafen einer Pflanze, die sich, dem Anscheine nach,
rachitisch. unansehnlich, kriánklich úber dem Boden
erhebt. und die ausrotten zu wollen doch vergeblich sein
wirde. weil ihre Wurzeln sich von dem Salte niihren, der
ihnen im tiefen SchoBe der Erde zu neuem Leben zu-
strómt. Fúr China haben Zeit und Raum kein Perspektiven.
Die Persónlichkeiten seiner Geschichte bewegen sich,
gerade wie die Figuren auf seinen Bildern, alle in einer
und derselben Fláche. Seit fast zweihundert Jahren
arbeiten die Englinder daran, Indien zu europiisieren.
Heute stehen diesem Lande in materieller Beziehung alle
Fortschritte der Zivilisation zu Gebote; es hat seine Eisen-
bahnen, seine Telegraphen, seine Telephone, seine elek-
trische Beleuchtung, es verfiigt úber einen Verwaltungs-
apparat, der nichts zu wiúnschen úbrig láibt. Aber wenn
die deutschen Kolonien in Afrika das von der Vorsehung
ihnen gesteckte Ziel erreicht haben, wenn in ihnen
Millionen von Menschen in Gliick und Wohlstand leben,
welche durch ihre Rasse, ihre Sitten, ihre Lebens-
anschauungen wiúrdige Sóhne ihrer Váter sind, wenn mit
einem Worte sich dort ein groBes Stiick des deutschen
Vaterlandes befindet, dann wird es in Indien noch Brah-
minen geben, die dem Haupte des Schopfers entsprossen
sind, und Indras, die seinen Fúben entstammen. Die
heiligen Wasser des Ganges werden noch keine von ihren
iibernatúrlichen Eigenschaften verloren haben, Embleme
des Lasters werden noch Gegenstand frommer Verehrung
sein, wie sie es heute sind und es vor zweihundert Jahren
waren. Was dann aus einigen stidamerikanischen
Republiken geworden sein wird, ist nicht sechwer voraus-
zusagen. Als die Republik Uruguay im Jahre 1830 ¡hre